Eroberung Mythodeas, Kapitel XI
Cheswyck hob nur kurz den Blick, als einer der Commons lauter und dreckiger lachte als gewöhnlich. Er dachte schon, der Soldat hätte einen Witz über ihn gerissen, wie er so alleine in der hintersten Ecke der Taverne saß und an seinem schalen und abgestandenen Bier nippte. Vor ihm lag der Rest seiner Mahlzeit; ein kaum drei Tage altes Stück sehniges Fleisch. Es war noch kaum angefault und widerlich zäh gewesen, aber er hatte sich gezwungen es zu essen. Jetzt rebellierte sein Magen. Warum konnten sie es nicht länger in die Sonne hängen, bevor sie es servierten? Auf seiner heimischen Farm war das nie ein Problem gewesen. Feucht und dunkel für das Korn, feucht und sonnig für das Fleisch, und das Essen hatte immer den Fäulnisgrad, den man brauchte. Nicht, dass er auf der Farm immer genug gehabt hätte, die Knochenkönigin behüte. Deswegen hatte er sich ja überhaupt auf den Dienst im Endlosen Heerwurm gefreut. Endlich genug zu essen; jeder wusste, dass die Soldaten genug zu Essen hatten. Mussten sie ja, so oft wie Sonderabgaben für sie eingetrieben wurden.
Es war alles anders, als Cheswyck es sich vorgestellt hatte. Seine Eltern hatten noch keine vernünftigen Körper, da die besten für den Ersatz im Krieg gedacht waren, und die unzureichend geschienten Knochen ihrer halbverwesten Leiber erlaubten die harte Arbeit nicht, die ihnen aufgebürdet war. Die guten Fleischnäher und Knochenrichter waren auch alle bei der Armee, so dass niemand dem Elend abhelfen konnte. Cheswyck dagegen hatte Glück gehabt. Er hatte seinen Körper durch einen Beschwörungsfehler eines Equilibrius' gleich zu Beginn der Kampagne gegen die Siedler erhalten, als das Siegel des Südens noch keine acht Tage geöffnet war und nur die Garde des Archons frische Körper bereitstellen konnte. Da er keine Ausbildung hatte hatten sie ihn weggeschickt, und er hatte den alten Hof gesucht. Es war wenig überraschend, dass nach den Jahrtausenden des Schlafes unter dem Siegel kaum mehr die Grundmauern übrig waren, aber Cheswyck erkannte den Ort sofort. Mit Grauen erinnerte er sich daran, wie im Weltenbrand eine gewaltige Wand aus Flammen auf den Hof zugerast kam und alles vor sich her verzehrte. Nie würde er vergessen, wie die Rinder geschrieen hatten, als das Feuer ihre lederne Haut verzehrte und das faulige Fleisch verbrannte. Damals hatten sie untote Kühe gehabt; man hatte sich nie Sorgen machen müssen, wie lange das allzu frische Fleisch abhängen müsste. Im Krieg konnte man sich solche "Ressourcenverschwendung", wie der Fyrst es ausgedrückt hatte, nicht mehr leisten. Ergo lebendes Vieh.
Fast zwei Jahre lang hatte Cheswyck den Hof bestellt. Mit immer mehr toten Siedlern gab es auch mehr Körper. Zuerst waren alle alten Berufsoldaten mit Körpern ausgestattet worden, dann alle Handwerker, die Waffen und Rüstungen herstellen konnten, dann die wichtigsten Bauern und so weiter. Je näher man dem "und so weiter" war, desto schlechter war der Körper, den man bekam. Die Proclamatoren versprachen, dass nach dem Sieg gegen Terra alles anders werden würde. Kein Verfaulen der Körper mehr, jeder würde einen stets frischen und starken Körper haben und müsste keine teuren Tinkturen bei den Apothecarii mehr kaufen, um ihn in Schuss zu halten. Cheswyck achtete sehr auf seinen Körper; er sah aus, als sei er erst vier Tage und nicht zweieinhalb Jahre tot. Natürlich war er der Knochenkönigin gebührend dankbar; es war ihre Gnade, die den Verfall stark verlangsamte, wie die Proclamatoren zu predigen nicht müde wurden. Viel von dem wenigen Geld, das er auf dem Hof verdiente, steckte er in die Tinkturen. Sein Vater schalt ihn manchmal dafür, stimmte ihm aber auch zu wenn er sagte, dass er mehr arbeiten konnte, wenn sein Körper gut in Schuss war. Das meiste Geld kam eh von Onkel Graenn, der als Common im Endlosen Heerwurm diente. Die Siedler waren vom Gegenschlag des Untoten Fleisches überrascht worden, und sie hatten reiche Ernte an Körpern und Beute einfahren können. Gleichwohl Laird Rahgayn das meiste und Wertvollste der Beute für sich beanspruchte, konnte Onkel Graenn doch einen guten Teil nach Hause schicken und so ihr Schicksal erleichtern.
Zum Glück für Cheswyck und seine Familie lag der Hof recht abgelegen. Nicht viele Bauern in der Gegend teilten dieses Glück, als die Siedler mit ihrer Armee auf Doerchguard marschierten, die letzte Wegfestung vor Terra Ankor, der beständig im Sumpf versinkenden Hauptstadt des Untoten Fleisches, wo die Knochenkönigin viele Geschosse unter der Oberfläche des Sumpfes in ihren riesigen Hallen Hof hielt. Angeblich wurden ständig Geschosse auf die bestehenden aufgebaut, weil die Stadt permanent im Sumpf versinkt, und so wächst sie beständig in die Tiefe. Terras Fluch, so heißt es. Cheswyck fragte sich, ob er auch gelüftet würde, wenn Terra besiegt war. Würde die Stadt dann wieder an die Oberfläche kommen? Sie würde an den Wolken kratzen, da war er sich sicher. Als der Endlose Heerwurm die Armee der Siedler besiegt hatte und die Lebenden zurück nach Norden trieb, hatte Onkel Graenn Urlaub erhalten und das Dorf Riverflow besucht, zu dem Cheswycks Hof gehörte. Alle hatten ihn angestaunt in seiner Rüstung, das Kettenhemd und den darüber liegenden Plattenteilen, der flache Helm und den Steitkolben, den er am Gürtel trug. Als er ihn zuerst gesehen hatte war Cheswyck erschrocken, denn sein Onkel hatte sich sehr verändert. Es war längt nicht mehr sein alter Körper, mit der er aus Riverflow aufgebrochen war, um die Siedler zu bekämpfen, und er hatte zahllose Narben und Tätowierungen. Er war stärker verfault als Cheswyck gedacht hätte. Warum ließ sein Onkel sich so gehen? Das Fest, dass sie zu seinen Ehren (und der der Knochenkönigin, natürlich) feierten, hatte allerdings einen unangenehmen Ausgang. Onkel Graenn war auch gekommen, um Cheswyck mitzunehmen. Der Endlose Heerwurm brauchte ihn. Außerdem würde er mehr verdienen als mit der Arbeit auf dem Feld.
Die Reise zum Heerlager war ein Albtraum. Viele der Dörfer und Gehöfte, durch die Onkel Graenn und Cheswyck zogen, waren vom Heerzug der Siedler verheert worden. Die frisch errichteten Häuser hatten sie niedergebrannt, das Vieh geraubt oder an Ort und Stelle vernichtet, die Felder unbrauchbar gemacht. Einige hatten die Bauern an Pfähle gebunden und dort verbrannt, zu Ehren ihres Gottes, wie ein daneben aufgestelltes Schild zeigte. Mit jedem Schritt mehrte sich der Hass in Cheswycks Herz. Er wollte nichts mehr als einige der Siedler zu töten, ihre Seele aus ihren Körpern zu reißen, auf dass sie von den Apothecarii als Geschoss gegen seine Kameraden verwendet werden könnte. Mit großem Vergnügen erzählte Onkel Graenn ihm die Geschichte, wie er gegen zwei Brüder kämpfte. Als er dem einen mit einem Schwerthieb den Schädel einschlug, fing ein Apothecarius seine Seele ein, und mit der Macht der Knochenkönigin schleuderte er sie gegen seinen Bruder, der wie vom Blitz getroffen zu Boden fiel und starb. So hatten sie sich gegenseitig getötet, und gleichzeitig einen gänzlich unbeschädigten Körper für den Captain geliefert.
Im Heerlager angekommen wehten überall die Banner des Lairdom Flowerfield. An einer großen Bank und einem groben Tisch vor dem großen Zelt des Lairds saß der Lairdomsschreiber und trug Cheswyck in die Liste ein.
"Du gehörst zu Captain Glen. Wir teilen dich in seine Einheit ein, unter Fyrst Naestor. Melde dich bei ihm wegen deiner Ausbildung." Mit diesen Worten drückte er ihm ein Silberstück mit dem Gesicht König Garvans in die Hand. "Dein erster Sold. Willkommen in der Armee." Mit diesen Worten wandte er sich Onkel Graenn zu und schickte Cheswyck mit einem groben Wink seiner Hand davon. Cheswyck hörte noch, dass sein Onkel zu einer anderen Einheit kommen würde als er. Dann stand er mitten auf dem Apellplatz. Überall übten kleine Gruppen von Soldaten den Kampf mit scharfen Waffen. Es schien ihnen nichts auszumachen, wenn sie dabei schwer verletzt wurden; die Fleischnäher und Knochenrichter brauchten wohl ebenfalls Übung und standen bereit, die Verwundeten zu versorgen.
"Hey du, Neuling!" rief eine befehlsgewohnte Stimme über den Platz. Der Captain! "Du bist doch der Neffe von Graenn, oder?" Die Frage bedurfte keiner Antwort, der Captain redete gleich weiter. "Das ist Fyrst Naestor. Halte dich mit allen Fragen an ihn und tu, was er sagt. Der Dienst ist ohnehin in einer Stunde beendet, heute werdet ihr also nicht weit kommen. Mach keinen Ärger und belästige niemand. Du wirst dich schon einfinden." Mit einem Schulterklopfen ging der Captain weiter, direkt an dem Schreiber vorbei und ins Zelt des Lairds. Cheswyck war schon gespannt darauf ihn zu sehen. Man sagte sich, er sei ein mächtiger Krieger, mächtiger noch als Falgrin, der Laird vor ihm und von den Elementen vernichtet worden war. Doch bevor er sich fragen konnte, ob der Laird das Zelt gleich verlassen würde, hatte Fyrst Naestor ihn auch schon gefunden. Naestor hatte einen ausnehmend hässlichen Körper mit einem leicht verwachsenen Rücken, einem breiten Schnitt quer über dem Gesicht und nur einem Auge. "Ich mag den Körper", schnarrte er, als er Cheswycks Blick bemerkte. "Und jetzt komm!" Er brachte ihn zur Waffenkammer, wo er Rüstung (ein Kettenhemd mit einem riesigen Loch, wo eine Waffe es getroffen und seinen unglücklichen Vorbesitzer erledigt hatte), einen Helm (ebenfalls mit einem Loch) und eine Axt (rostig) bekam. "Morgen werden wir dir zeigen, wie man mit so etwas umgeht", sagte Fyrst Naestor mit seiner kratzigen Stimme. Erst jetzt sah Cheswyck, dass sein Hals sich an der Seite leicht öffnete, wenn er sprach, wo ein Pfeil ihn einmal getroffen hatte. Schaudernd begab er sich zu dem Mannschaftszelt, in dem er schlafen sollte.
Am nächsten Morgen wurde er nach einer unruhigen Nacht vom Klang der Trompeten geweckt.
"Aufstehen, ihr Maden!" brüllte eine ihm vertraut vorkommende schnarrende Stimme. Er hätte nie gedacht, dass Fyrst Naestor so laut brüllen könnte. "Wer nicht in einer Minute auf den Beinen ist bekommt kein Frühstück, ist das klar?" Cheswyck beeilte sich. Keiner seiner Zeltgenossen schenkte ihm viel Aufmerksamkeit, und bald musste er erkennen, dass es das Essen nicht wirklich wert gewesen war so früh aufzustehen. Er bekam eine halbe Schüssel Brei aus Mutterkorn, leicht gewürzt mit einem kleinen Schuss schalem Bier. Er schüttelte sich in der kalten Morgenluft. Bald jedoch konnte er sich über die Kälte nicht mehr beklagen. Fyrst Naestor hetzte ihn mit den anderen über das Feld, dass er bald nicht mehr wusste, wo oben und unten war. Als er vollkommen erschöpft zusammenbrach, lachten alle anderen Männer seiner Rotte ihn aus. Naestor kam heran.
"Deswegen lernen wir jetzt, unsere Körper zu gebrauchen!" schnarrte er. "Wenn du Schmerzen hast, musst du deine Nerven abschalten. Ja, das kannst du. Unterbrich mich nicht. Auf deinem schönen Hof hast du das nie gebraucht, aber hier draußen kann es der Unterschied zwischen Leben und Tod sein. Für deinen Gegner, versteht sich. Du bist ja schon tot." Raues Lachen bei seinen Kameraden. "Also. Du konzentrierst dich. Du willst Kontrolle über diesen schönen Körper, den du da hast. Also. Konzentrierst du dich?"
Cheswyck nickte. Plötzlich rammte ihm der Fyrst einen Dolch in den Bauch seines schönen, stets gepflegten Körpers. Cheswyck schrie auf.
"Nicht genug", befand Naestor trocken. Die anderen lachten wieder. "Ihr hört gefälligst auf zu lachen, ihr Maden! An die Arbeit! Ich will Waffen klirren hören! Und du, du wertloser Haufen Scheiße, wirst jetzt endlich den Schmerz ausschalten, deine Nerven ignorieren und diesen Dolch aus deinem fetten Bauch ziehen. Wenn du auch nur einen Muskel verziehst, geb ich dich den Bogenschützen als Übungsziel!" Hass flutete durch Cheswyck wie eine rote Welle. Mit einem Wutschrei riss er den Dolch heraus und versuchte, ihn Naestor in den Hals zu rammen, aber der Alte entwickelte eine überraschende Geschwindigkeit, entwand ihm das Messer und jagte es erneut in Cheswycks Eingeweide. Wieder stöhnte er auf. "Zweite Lektion. Such dir deine Kämpfe aus, sonst brauchst du bald einen neuen Körper. Fleischnäher!" Ein Fleischnäher kam heran und versorgte die Wunde mit schnellen, groben Stichen. Mit der Kraft seiner Wut hielt Cheswyck die Tränen zurück.
An diesem Abend machte er sich keine Gedanken mehr um die zwei Einstiche in seinem Bauch. Sein rechter Arm war fast vollständig zerschmettert, sein Schädel gebrochen, sein rechtes Bein halb abgetrennt worden. Drei gebrochene Rippen hatten sich in seine Lunge gebohrt. Er stellte fest, dass er noch nicht sonderlich gut darin war, den Schmerz zu unterdrücken. Da konnte ihm der Fleischnäher, der nebenher noch als Nebenerwerb Bilder in die Haut ritzte, noch so sehr versichern, dass das noch kommen würde. Cheswyck schlief keine Sekunde dieser Nacht, aber am nächsten Morgen musste er mit dem Klang der Trompeten erneut antreten. Dieses Mal war er etwas besser, und er war noch vor dem Abendessen zusammengeflickt.
In der Taverne, in der Cheswyck seinen ersten Sold zu versaufen vorgehabt hatte, wurde er von allen ignoriert. Die Soldaten besoffen sich mit brockigem Saft und überlriechender Mormoffel-Milch und gaben einen Scheiß auf Disziplin oder Geschmack. Mindestens drei Schlägereien aus nichtigem Anlass zählte Cheswyck, und bei jeder wurden Waffen gezogen. Er hasste den Endlosen Heerwurm, aber noch mehr hasste er die Siedler, die ihm das alles eingebrockt hatten. Ohne sie würde er jetzt mit seinen Eltern und seiner Schwester auf der Farm sein, sie alle hätten gute Körper und würden friedlich von dem Land leben, das sie bewirtschafteten.
Noch in der Nacht beendeten Trompeten den kurzen Schlaf Cheswycks. "Aufstehen, ihr Maden! Der Feind rück vor!" Cheswyck hatte ein flaues Gefühl im Magen. Schnell zog er sich an, streifte die Rüstung über. Immer wieder rempelten seine Kameraden ihn an, aber keine Witze wurden gehört, keine Schlägerein entfacht. Grimmige Entschlossenheit lag auf ihren Mienen, als sie ihre Waffen um die Gürtel hängten und gegenseitig den Sitz der Rüstung prüften. Cheswyck war überrascht, als einer der Veteranen wortlos den Sitz seines Kettenhemds überprüfte und ihm mit schnellen Griffen zeigte, wie er seinen Gürtel festzuziehen hatte, damit ihn das Gewicht des Kettenhemds nicht behinderte. Zum Abschluss gab ihm der Common einen leichten Klaps auf den Helm. Cheswyck schluckte und folge seinen Kameraden nach draußen.
Sie marschierten die ganze Nacht, und in der Morgendämmerung stand das gesamte Laidrom auf dem Feld und erwartete die Siedler. Hinter den Soldaten standen vier Karren mit Leichen, einige Equilibrii und die Apothecarii bereit. Während die Soldaten unter kurzen, durch die Morgenluft knallenden Befehlen der Fyrsts und Captains ihre Positionen einnahmen, marschierten Proclamatoren die Reihen entlang und predigten von der ewigen Gnade der Knochenkönigin und dem Preis dem sie einem jeden verhieß, der die Lebenden in den Tod beförderte und ihre unselige Existenz auf diesem Boden beendete. Das Banner von Flowerfield knatterte über ihnen im Wind, als der Feind auftauchte. Die Siedler waren sicher doppelt so viele wie sie, aber die Gesichter seiner Kameraden neben ihm hätten genausogut in Stein gemeißelt sein können. Noch während die Feinde versuchten, Ordnung in ihre Reihen zu bringen - wo über den Commons ein Banner flatterte, standen die Siedler bestimmt unter sieben - , gab der Laird den Befehl zum Angriff. Er war eine beeindruckende Erscheinung, sein Körper zusammengenäht aus den besten Teilen gefallener Krieger. Sein rechter Arm hatte einem Anführer der Orks gehört, der linke Arm einem Wikinger, der den schwersten Schild trug den je ein Sterblicher gesehen hatte. Seine Beine hatte man einem Meldeläufer abgenommen, den Brustkorb einem Schmied.
Wie ein Mann setzte sich die Schlachtreihe des Untoten Fleischs in Bewegung. Das harte Training zahlte sich aus, und die Formation wurde gehalten. Vereinzelte Pfeile flogen herüber, einer durchbohrte den Kopf eines Commons, der sofort zu Boden ging. Niemand kümmerte sich darum, stattdessen flogen ein paar Pfeile zurück. "Waffen ziehen!" brüllte der Fyrst, und die Commons zogen ihre Waffen. Cheswyck packte die Axt fest, und dann brach die Hölle herein. Die Feinde stürmten vor, die Untoten stürmten vor, und die Welt verschwand vor einem Vorhang aus Eisen, Schreien und Blut. Cheswyck bekam einen Pfeiltreffer ab, aber er spürte ihn nicht einmal. Plötzlich stand er vor einem Siedler, der mit einer Mistgabel bewaffnet einen leicht gerüsteten Common auf Distanz hielt. Es war so einfach, die Axt in seinem Rücken zu versenken. Mit einem fürchterlichen Schrei ging der Siedler zu Boden, Blut spritzte in einer Fontäne auf Cheswycks Gesicht. Er riss die Axt los und drehte sich um, gerade rechtzeitig, um den Bidenhander zu sehen, der ihn mit voller Wucht vor die Brust traf. Mit einem hässlichen Knirschen rissen erst ein paar hundert Kettenringe, dann Leder, Haut und Knochen. Cheswyck taumelte einige Schritte zurück, gerade genug, damit der Kriege vor ihm erneut ausholen konnte. Die Klinge trad Cheswyck genau ins Gesicht, und die Welt vor ihm explodierte in einem Strudel aus Schmerz.
Voller Panik versuchte Cheswyck mit den Armen zu rudern. Um ihn herum war nichts, absolut nichts. Die Leere! Er war bereits einmal hiergewesen, als eine gewaltige Wand aus Flammen ihn und alles um ihn herum verzehrte. Damals waren die Jahrtausende des Halbschlafs unter dem Siegel gefolgt, doch nun war nichts. Würde er bis in alle Ewigkeit durch die Leere treiben? Würden ihn die Apothecarii nicht retten? Da spürte er den rettenden Sog an seiner Seele, und grenzenlose Erleichterung machte sich in ihm breit.
Der Körper in dem er erwachte war nicht sein alter. Den sah er keine vier Meter neben sich liegen, fast vollständig zerstört. Ein Fleischnäher schnitt gerade Arme und Beine ab, die wohl noch gut waren und machte sich bereit, sie einem Loyal anzunähen. Cheswyck erkannte, dass er in dem Körper des Bauern war, den er getötet hatte. In diesem Moment wurde er herumgedreht. Er stöhnte, als das gebrochene Rückgrat aneinanderrieb.
"Dein erstes Gefecht, was?" fragte nicht unfreundlich der Knochenrichter. "Keine Bange, daran gewöhnst du dich schon. Musst ganz schön Panik gekriegt haben da draußen in der Leere, hm? Keine Bange, unsere Apothecarii haben noch nie jemanden verloren. In Corpsedale drüben sieht das anders aus, aber wir aus Flowerfield haben Qualität." Mit einem finalen Knacken brachte er die Knochen in Position. "So, jetzt lassen wir das Ganze noch zunähen, und dann kannst du auch schon wieder laufen. Versuch, nicht vor morgen wieder zu trainieren." Cheswyck lachte auf. Er fühlte sich nicht so, als ob er jemals wieder trainieren könnte.
Seit jenem Tag ist Cheswyck Common im Endlosen Heerwurm. Inzwischen nutzt er den achten Körper, und das Wappen des Lairdoms ist in seinen blanken Schädel eingraviert, wo ein Fleischnäher kunstvoll die Haut entfernt hat. Im Stiel seiner Axt sind siebzehn Kerben, denn so viele Siedler hat Cheswyck schon getötet. Er marschiert mit seinen Kameraden im Heerwurm, trinkt mit ihnen in der Taverne und isst die miese Armeenahrung, über die er sich dann beklagt. Nur noch selten denkt er zurück an Riverflow und die Tage auf der Farm. Zusammen mit seinem Onkel schickt er immer wieder Plündergut zurück, aber in seinem Herzen weiß er, dass er nie wieder wird einfach nur ein Feld bestellen können. Nachs träumt er davon, als Fyrst eine Rotte durch die Tunnel nach Norden zu führen und die Fackel des Krieges zurück in die Länder der Invasoren zu tragen. Die große Feuerwalze ist nur noch eine verblassende Erinnerung.