ITT Die Eroberung Mythodeas I - III

Aus Mythopedia
Spielwelt(en):Mitraspera
Urheber:innen:
Mitwirkende:weitere Autor:innen
Jahr:2002

Die Eroberung Mythodeas I-III

...irgendwo nördlich des westlichen Siegels, etwa ein Jahr vor seiner Öffnung...

Die Sonne brannte heißt auf die Grasfläche, die sich vor dem Späher ausbreitete. Kein Lufthauch bewegte die Grashalme. Der kräftige Mann strich sich einige Strähnen seines verschwitzten, braunen Haares aus der Stirn. Nicht weit entfernt befanden sich mehrere Baumgruppen, die die Wiese von drei Seiten umschlossen. Das Gelände war vom Wald weg abschüssig und bot einen hervorragenden Blick auf die Ebene hinunter. Und von der Ebene hinauf. Mit einem abschätzigen Blick bedachte der Mann die Spitzen der Bäume. Ihr Nadelkleid ließ kaum Licht in den Wald hinunter fallen, der so wie eine düstere Wand aus grünem Leben schien. Langsam sank der Späher in die Hocke. Seine kräftigen Finger strichen durch das Gras. Mit festem Griff packte er ein Büschel der dicken Halme und riss es mitsamt der Erde heraus. Tastend glitten seine Finger über den Urstoff der Welt, beinahe wie über die samtene Haut einer Geliebten. Ja, es war einn guter Lagerplatz. Die Erde war alt und stark an diesem Ort, und sie verlieh Jenen Kraft, die wussten, auf welche Weise sie die Urmutter bitten mussten, ihnen diese Stärke zu borgen. Er wusste es. Weit ausgreifende Schritte trugen ihn zurück zum Heerlager. Nicht weit entfernt, zwischen den Bäumen, verstummte alsbald das Zwitschern der Vögel, das Zirpen der Insekten und Kratzen der Nager. Auch hier rührte sich kein Lufthauch, und die Erde selbst schien den Atem anzuhalten. Fünf Gestalten standen unter den ausladenden Zweigen einer Tanne und blickten aus erstarrten, kalten Augen durch das Geäst auf die Wiese hinaus. Blauschwarze Wappenröcke lagen über düsterer Leder- und Leinenkleidung, breite Gürtel hielten die Waffen der Gestalten an Ort und Stelle. Keiner war gerüstet. ”Sie werden kommen, Sota“, erklärte einer der Gestalten mit tonloser Stimme. ”Ja, das werden sie“, antwortete der Angesprochene. Ohne dass es einer weiteren Geste oder eines Befehls bedurft hätte, drehten sich die fünf Gestalten um und gingen in entgegen gesetzter Richtung des Spähers aus dem Wald. Mühselig setzten die Männer einen Schritt vor den anderen. Sie marschierten Gefechtsbereit, und die Sonne brannte unbarmherzig. Unter den Rüstungen quälte die Hitze die Soldaten, und ihre baren Häupter wurden von den Strahlen der Sonne getroffen. Die meisten bemerkten den vorbeilaufenden Späher kaum; die wenigen, die den Elan hatten ihn zu registrieren schüttelten allenfalls die Köpfe und fragten sich, woher er die Energie nahm. Der Späher selbst erreichte den Heerführer der kleinen Schar. Der saß auf seinem Wagen unter einer behelfsmä ßigen Zeltplane und unterhielt sich mit seinen Beratern. Als er den Späher sah, blickte er auf. ”Herr, ich habe einen Lagerplatz gefunden“, sprach dieser ihn an. ”Ist er gut?“ fragte der Heerführer überflüssigerweise. ”Selbstverständlich. Schattig, mit hervorragendem Ausblick nach Westen.“ ”Hervorragend. Gebt den Vorauskommandos Meldung“, befahl der Heerführer. Mit einem dankbaren Gruß setzte sich der Späher in Bewegung. Auch er war einer Rast und einigen kühlen Schluck Wasser nicht abgeneigt; doch die Pflicht ging vor. Sie befanden sich in Feindesland, denn der Weg zum Siegel des Westens war versperrt. Die fünf Gestalten erreichten das Lager. Seine Palisaden starrten in den Himmel, sorgfältig Pfahl an Pfahl aufgereiht. Ihre exakte Ausrichtung und Beschaffenheit war einmal mehr Sinnbild der Perfektion und Denkmal für den Imperator, der sie alle zum Sieg führen würde. Der Lû-Sota, in schwere Platte gehüllt, trat ihnen entgegen. ”Hattet ihr Erfolg, Rahks?“ ”Jawohl, Lû-Sota“, antwortete der Sota. ”Gut. Der Imperator wird von Euch hören. Erstattet sofort dem Sharuhn Bericht, rüstet euch und gliedert euch zurück in den Schwarm.“ ”Jawohl, Lû-Sota“, bestätigte der Sota. ”Terra ist stark an diesem Ort“, befand der Zauberer und ließ die Erde durch seine Finger rieseln. ”Die Verfemten werden es schwer haben, uns hier zu bekämpfen. Der Wald allerdings...“ ”Der Wald ist düster und voller Dunkelheit“, orakelte der Priester. ”Nur ungern wende ich meinen Rücken ungedeckt gegen das Dickicht.“ ”Seid Ihr Euch einig?“ wandte der Heerführer ungeduldig ein. ”Den Männern verlangt es nach einem sicheren Lagerplatz.“ Dir auch, dachte der Zauberer, doch stattdessen sagte er: ”Der Boden ist gut, und die Urmutter wird uns ihren Schutz gewähren. Doch hütet Euch vor dem Wald, denn nichts Gutes kommt aus solchem Dickicht.“ Der Priester nickte bekräftigend und schlug ein Schutzzeichen wider die finsteren Mächte. Entnervt gab der Heerführer Order, das Lager aufzuschlagen. Neue Energie floss durch Sehnen und Muskeln der ermüdeten Männer, und bald erfüllten die Geräusche von geschlagenem Holz und emsiger Betriebsamkeit die Wiese. Die Soldaten errichteten eine Palisade. ”Wir sollten uns auch gegen den Wald sichern“, schlug der Priester dem Heerführer vor. ”Seid Ihr des Wahns? Die Männer würden nicht aufgrund Eurer kleinlichen Bedenken sich gegen den Wald sichern wollen, den eine Armee niemals durchqueren könnte. Und mit Plänklern werden wir fertig“, schloss der Heerführer zuversichtlich. ”Nicht die Verderbten sind es, die ich fürchte, sondern die Verderber“, murmelte der Priester und wandte sich ab. Kopfschüttelnd sah der Heerführer hinter ihm her. Der Späher lief über die Ebene. Wohin er blickte umgab ihn nur grüne Pracht. Die Urmutter bewies, dass die westlichen Lande zwar besetzt, doch nicht verderbt worden waren. Sie borgte ihm ihre Kraft, und leichten und ruhigen Fußes gelangte der Späher weit hinein in die Ebene. ”Sharuhn“, meldete sich einer der Rahks des Vorauskommandos. ”Meldung“, befahl der Sharuhn. ”Wir haben draußen auf der Ebene einen Späher gefangen. Sein Herz wummert bereits in freudiger Erregung und wünscht nichts sehnlicher als seine Aufnahme in die Essenz“, meldete der Rahk. ”Bring ihn zum Khor’Ottar“, befahl der Sharuhn. ”Jawohl, Sharuhn“, bestätigte der Rahk. ”Der Späher ist zurück gekehrt, Herr“, meldete einer der Wächter dem Heerführer. ”Hervorragend. Bringt ihn zu mir“, befahl dieser mit einer fahrigen Handbewegung. Nur wenige Augenblicke später stand der Späher aufrecht vor ihm. ”Keine Feinde, so weit ein Mann in drei Tagen zu marschieren vermag. Wir sind sicher in Terras Armen und können ruhen, so Ihr es wünscht.“ ”Ich wünsche dies durchaus. Oberst, gebt Bescheid, dass wir für zwei Tage hier bleiben werden. Die Männer haben eine Pause verdient, und Ignis ist so oder so noch eineWoche hinterher.“ Der Oberst grinste. ”Jawohl, Heerführer.“ Die Nacht hatte sich hernieder gelegt und brachte Abkühlung und Ruhe. Die Soldaten schliefen in ihren Zelten, denn die Tage des Marsches hatten sie erschöpft. Die Feuer waren kaum besetzt, und nur eine Handvoll Neulinge, denen die Aufregung noch nicht aus den Gliedern gefahren war, fanden keinen Schlaf und versuchten, den Geist der Nacht beim Würfeln zu vertreiben, denn das dunkle Geäst der nahen Bäume beharrlich einzugeben schien. Auch auf der Palisade waren kaum Wachen zu erkennen. Lediglich die beiden hölzernen Türme waren mit zwei Soldaten besetzt. Die Nacht verlief ruhig, und die Männer fanden Schlaf. Am Morgen waren sie da. Der sich schnell verflüchtigende Morgennebel gab die geisterhaften Gestalten frei, die sich in gerader Schlachtordnung nur drei Pfeilschussweiten vom Lager entfernt formierten. Erschreckte Alarmrufe gellten durch das Lager, Hörner dröhnten, und fluchend kleideten sich die Soldaten an. Das Schwarze Eis erwartete sie auf dem Schlachtfeld. Als der Lärm des Alarms verklungen war, erfüllte monotones Gemurmel die Luft und ließ kaum Platz für weitere Laute. ”Rahk, Rahk, Rahk...“ Beklommenheit senkte sich über die Soldaten des Lagers, als sie ihre Formationen einnahmen. Plötzlich hörte das Murmeln auf. Stattdessen trat ein einzelner Mann, angetan in einer weiten Robe in den Farben des Schwarzen Eises vor das Heer. ”Er ist das Auge“, dröhnte seine Stimme über das Feld. ”Wir sind der Sturm!“ wurde der Ruf von den versammelten Kämpfern aufgegriffen. Und wie ein Mann stürmte die Linie des Schwarzen Eises, die Armee des Imperators, des Verderbers der Elemente auf ihre Feinde, und die Klingen beißender Kälte forderten das ihnen zustehende Blut. Die Schlacht forderte ihren Tribut, und wo die Toten des Schwarzen Eises in der Essenz aufgingen, lagen die Soldaten der Erde in ihrem eigenen Blut. Im Lager schrieen die Verwundeten, und die Priester und Heiler mühten sich um ihr Leben. Als das Schwarze Eis in das Zentrum einbrach, befahl der Heerführer den Rückzug hinter die Palisaden. Krachend schloss sich das hölzerne Tor, und trotzig starrten die Kämpfer der Erde von dem Wall auf die Feinde, wohl wissend, dass diese sich nun im Nachteil befanden: hügelan und gegen die Palisade würden die zielsicheren Pfeile der Schützen ihre Reihen lichten. Doch die Rahks griffen nicht an. Stumm und eisig standen sie in Reihe, und ihr starrer Blick galt den Verteidigern. Einzig die Khor’Ottar bewegten sich, zeichneten Kreise und murmelten Formeln in Sprachen, die niemals zuvor in den Landen gehört worden waren. Der Wald war die düstere Heimat der Leere, und sie entsandt ihre Kinder, um die Eindringlinge in sich aufzunehmen. Das Schreien und Stöhnen hinter dem Wall kündete vom Ende. Die Eroberung Mythodeas hatte begonnen.

...irgendwo nördlich des westlichen Siegels, etwa ein Jahr vor seiner Öffnung... Feuer. Alles verzehrende Flammen. Die reinigende Kraft Ignis’, der Flamme, soll die Kräfte des verderbten Elements zerfließen lassen. Treffe die Elemente des Verdorbenen, reinigende Flamme! Strahlende Helligkeit, vernichte die Diener des Feindes! Wasser. Leben spendende Fluten. Die reinigende Kraft Aquas, des Wassers, soll die Kräfte des verderbten Elements hinwegspülen. Treffe die Elemente des Verdorbenen, fließendes Wasser! Todbringende Fluten, spült hinfort die Diener des Verderbens! Erde. Bergende Mutter allen Lebens. Die reinigende Kraft Terras, der Erde, soll die Kräfte der verderbten Elemente ausspeien aus ihrem Leib. Treffe die Elemente des Verdorbenen, spendende Erde! Fester Grund, trage nicht die Diener der Fäulnis! Luft. Alles umgebende Luft. Die reinigende Kraft Aeris’, der Luft, soll die Kräfte des verderbten Elements verwehen und vergehen lassen. Treffe die Elemente des Verdorbenen, geliebte Luft! Verweigere dich den Dienern des Stillstandes! Magie. Steuernde Magie. Die reinigende Kraft Magicas, der Magie, soll die Kräfte des verderbten Elements zerstreuen. Treffe die Elemente des Verdorbenen, mächtige Magie! Bring deine Gaben über deine Diener und Tod und Verderben den Dienern der Verfemten! Fünf Männer fassten sich an den Händen. Ihre Roben leuchteten in bunten Farben. Rot. Blau. Grün. Braun. Die Robe des Letzten schillerte in den Farben des Regenbogens. Um die Männer herum tobte die Schlacht. Männer kämpften und fielen. Eine Kakophonie des Schlachtenlärms brandete über alledem, vereinigte sich zu einem Crescendo aus Klirren, Ächzen und Schreien. Die fünf Männer bemerkten nichts von alledem. Um sie herum sausten die Kräfte der Elemente, umgaben sie, bargen sie, umsäuselten sie. Ihre langen Haare wurden von den Winden Aeris’ gepeitscht, ihre Füße standen fest auf Terras Grund, in ihren Adern floss die Kraft Aquas’, und in ihren Herzen brannte die Lebensflamme Ignis’. Vereint waren sie alle durch Magica, deren Kraft sie sich borgten. Der Fall der Vorhut Terras hatte dem Schwarzen Eis zum Durchbruch verholfen, und nun standen sich die Kräfte der Expeditionsarmee der Elemente und die des verderbten Anti-Elements gegenüber, bereit, die Entscheidung zu erzwingen. Es sah schlecht aus für die Streitkräfte des Lichts, und das Banner des Imperators stak heraus aus der Masse der Kämpfenden und flatterte in den Farben des Schwarzen Eises, schwarz und blau. Kälte und Tod, das brachten sie über alles und jeden. Ihnen entgegenzustellen war die Aufgabe, welche die Schöpfung den Streitern des Lichts zugedacht hatte. Kräfte der Elemente, Kräfte des Windes, des Wassers, des Feuers und der Erde, leiht eure Macht der Magie, ordnet euch unter dem alles Ordnenden! Zeigt den Streitern der Finsternis, welch Macht ihr ihnen entgegenzuschleudern bereit seid! Der Reigen der Elemente um die Fünf nahm an Intensität zu. Der Schlachtenlärm wurde verschluckt von dem Heulen und Brausen, Knistern und Knacken, das sich im Zentrum des Heeres um fünf Einsame abspielte. Für einen Moment schien die Zeit stillzustehen. Selbst der einfachste Rakh ließ das Schwert sinken, gebannt von dem Schauspiel, dem gar der Imperator selbst verfallen schien. Er spürte es, jeder auf dem Feld schien es zu spüren. DieWolken, die gerade noch den Himmel trüb in grau verhangen hatten, rissen auf und ließen die Strahlen der Sonne das Schlachtfeld bescheinen. Jubel erhob sich unter den aufrechten Streitern der Elemente, denn Ignis’ zeigte ihre Macht. Was sind sie doch alle Narren! Die Perfektion des Schwarzen Eises, gebannt durch einige Sonnenstrahlen? Die Reihen der Ordnung, wankend wegen eines Zaubertricks? Sie sollten mehr gelernt haben in der letzten Zeit! Voran, Streiter des Schwarzen Eises! Lehrt unsere Feinde, die sich der perfekten der Ordnung der Welt zu unterwerfen weigern, was es heißt, uns zu unterschätzen! Ich bin das Auge, ihr seid der Sturm. Fegt sie hinweg, die Ahnungslosen, doch lasst einen am Leben, auf dass die Erinnerung stets gehalten sei an jenen Tag! Kraft der Elemente, die du uns dein Zeichen sandtest, sieh mit an die Schändung, welche die Verderbten an der Schöpfung begehen! Terra, dulde nicht weiter ihre Füße auf unserem Boden! Ignis, lass sie nicht weiter schauen dein Angesicht! Aqua, verweigere ihnen das Leben! Aeris, fege hinweg jene, die dich verpesten! Magica, ordne du, was sie verderben! Kraft der Elemente, Kraft der Fünf, fegt hinweg die Frevler vom Angesicht der Schöpfung! Hitze brandete auf wie eine Welle, die durch das Heer zu fahren schien. Die Streiter der Elemente waren umgeben von leuchtenden Lohen, geschützt durch reinigende Kraft, derweil die Ordner des Chaos und Diener der Verderbten von der Wut der Schöpfung getroffen und gestraft wurden für den Frevel, den allein ihre Existenz an ihr verübte. Gerechter Zorn erfüllte die Streiter der wahren Seele Mythodeas, und ihre Waffen waren umgeben von grimmigen Flammen, die das Eis hinweg schmolzen und seine Macht vergehen ließen. Nur Rauch und Asche blieb übrig von den Fünf, die das Opfer erbrachten und die Schlacht den Streitern der Elemente retteten. Das Schwarze Eis war geschlagen, für den Moment. Noch in einhundert Jahren sollte man sich ihrer Namen erinnern und der Schöpfung gedenken, in deren Namen sie fielen, und die sie wieder auferstehen lassen wird am Ende aller Tage. Verrat! List und Trug! Wie kann sich die fehlerhafte, Makelbelastete Existenz der elend Sterblichen als stärker erweisen, als es die Perfektion des Schwarzen Eises tut? Weicht, Streiter der Ordnung, weicht für diesen einen Tag. Lasst sie in dem Glauben, einen Sieg errungen zu haben über die Streiter, welchen die Herrschaft über diese Welt zugesichert ist seit der Zeit als man begann, sie zu zählen. Lasst den Sturm ruhen und das Auge wachen, auf dass wir zurückkehren an einem anderen Tag. Lasst sie erzählen vom Sieg, und lasst sie feiern und tanzen und singen und trinken. Wir werden nach Osten ziehen, wo ihre Höfe sind, ihre Frauen, ihre Kinder, und sie werden verfluchen den Tag, als sie da glaubten, uns geschlagen zu haben. Lasst uns ihr Herzblut in unsere Reihen aufnehmen und sehen, wie ihre sterblichen Hüllen betteln, sich ihnen anschließen zu dürfen. Denn sie säten WindE

...irgendwo nördlich des westlichen Siegels, etwa ein Jahr vor seiner Öffnung... Sie säten Wind. ”Er ist das Auge! Wir sind der Sturm!“ Der Schlachtruf des Schwarzen Eises brandete über den Dächern der Gehöfte, überdeckte das von Furcht und Schmerz durchdrungene Schreien der Frauen und Kinder und das knisternde Brennen der holzgedeckten Schindeldächer. Weinend versuchte Rothgar, sich in Sicherheit zu bringen. Vor einem Mond war er elf Jahre alt geworden, und er hatte sich geschworen in die Schlacht gegen die Verderbten Streiter des Schwarzen Eises zu ziehen, wenn er alt genug war. Dass die Schlacht zu ihm kommen könnte, hätte er sich nicht in seinen dunkelsten Träumen vorgestellt. Nun lagen seine Mutter und seine kleine Schwester in ihrem Blut, alldieweil sein Vater und sein älterer Bruder im Westen gegen das Schwarze Eis fochten. Verzweifelt lief er zwischen den brennenden Hütten umher. Überall verrichteten die Rakhs methodisch ihr blutiges Werk, trieben die Menschen zusammen und richteten sie hin. Nirgendwo war besondere Brutalität zu erkennen; der Tod kam schnell. Die Rakhs arbeiteten mit Perfektion. Dies mussten die Frauen erkennen, die verzweifelt versuchten, sich ihnen anzubieten und so verschont zu werden. Dies mussten die Kinder erkennen, der Schreien und Flehen nicht erhört wurde. Sie alle starben gleich, schnell und effizient. Danach zogen die Rakhs zum nächsten Dorf. Nur Rothgar blieb zurück. Verzweifelt und mit von Tränen aufgequollenen Augen lief er schluchzend von einer Leiche zur anderen. Schließlich rannte er hinaus auf die Ebene, fort, nur fort von diesem Massaker. Zieht aus, meine Rakhs, und tötet jeden Einzelnen. Ich will ihre fehlerhaften Hüllen fallen sehen. Die Starken und Kräftigen nehmt auf, die Schwachen und Kleinen tötet. In der neuen Weltordnung gibt es keinen Platz für sie. Die Perfektion des Schwarzen Eises duldet keine Schwäche, und wir werden das Land ordnen und umgestalten, auf dass sich Neues erhebe aus der Kruste des Alten. Unsere Feinde sind weit hinter uns, befangen im dekadenten Rausch eines hohlen Sieges, und sie werden die Trümmer ihrer jämmerlichen Existenz vor sich ausgebreitet sehen. Ihr Sieg wird ihnen bitter schmecken und Asche auf der Zunge liegen. Zeigt der Welt die wahre Stärke des Schwarzen Eises, und reißt hinfort die schwächlichen Bande, die den Feind an dieser Welt halten. Zerstört ihre Hoffnung, nährt ihre Angst. Schwärmt aus und erfüllt meinen Willen, denn ich bin das Auge, und ihr seid der Sturm. Verzweifelt marschierten die Männer, die in den letzten Tagen siegestrunken die Tavernen unsicher gemacht hatten in Richtung der Rauchsäulen, die am Horizont aufstiegen und vom Vormarsch der Verfemten kündeten. Ihre Füße schmerzten, und manch ein Gesicht zeigte nur noch eine verzerrte, grimassenhafte Maske aus Schmerz und Leid. Es waren die Gesichter derer, die wussten, durch welche Siedlungen sie alsbald ziehen würden. Ihre Erwartungen wurden nicht enttäuscht. Ausgebrannte Ruinen und von Fliegen umsummte Leichen legten einen süßlichen und Ekel erregenden Geruch in die Luft. Würgend brachen einige Männer in die Knie, andere rannten schreiend zu den Körpern ihrer Verwandten. Die meisten anderen hatten ihre Gesichter zu kalten Masken erstarren lassen und marschierten weiter. Sie wollten diejenigen stellen, die ihnen das angetan hatten, und nachholen, was sie in der Schlacht versäumt hatten. Rothgar sah nichts als endloses Gras. Irgendwo musste doch eine Siedlung sein! Er wusste, dass in seinem Rücken nichts als Rauchfahnen den Horizont bedeckten und deutlich machten, dass er dort nichts finden würde. Nach Westen, nach Westen, immer nach Westen! Lassen wir die Heimatlande hinter uns, schienen die Vögel über seinem Kopf ihm zuzurufen. Sein Magen knurrte, und seine Füße waren vom Messergras zerschnitten. Doch er lief und lief, fort, nur fort von diesem schrecklichen Ort! Es geschieht, wie ich es vorausgesehen habe, meine Rakhs. Ihre Fehlbarkeit und ihre Lust, sich von ihren Makelbeladenen Emotionen leiten zu lassen führt sie geradewegs in ihr Verderben. Brennt alles nieder, stecht eure Kriegsfäuste und Klauen in die Körper derer, zu deren Rettung sie heraneilen und hinterlasst einzig Asche, Blut und Scherben. Zerschlagt ihre Hoffnung gleich fehlerhaftem Steingut, und lasst sie Tränen des Zorns vergießen und Worte der Rache schwören. All dies ist nur ein Fragment meines Plans, und ihr werdet meine Arme sein! Voran, Rakhs, voran, brennt, tötet und zerschlagt! Aus der Asche des Vergangenen soll eine neue Ordnung auferstehen, und ihr seid ihre Vorkämpfer! Vor den Männern lagen die Engpässe, in denen die letzten Ansiedlungen des Ostens lagen. Kein Rauch stieg auf zwischen den Hügeln, und kein Geruch von Blut und Verwesung lag in der Luft. Hoffnung keimte in den Männern auf, die Hoffnung auf Rettung der Menschen. Im Eilschritt erklommen sie die Pässe und marschierten in die Dörfer. Das größte lag inmitten der anderen, die sich konzentrisch darum herum in den Einschnitten angeordnet hatten. Die Banner wehten und knatterten im Wind, Aqua, Aeris, Ignis, Terra und Magica, sie wehten und kündeten vom Nahen der Elemente und vom Nahen der Rettung. Sie wurden alle betrogen. Rothgar fiel keuchend auf die Knie. Die Sonne stach heiß vom Himmel. Seine Kehle war ausgedörrt, und jeder rasselnde Atemzug fiel ihm schwer. Der Hunger sendete heiße Wellen des Schmerzens von seinem zu einem Klumpen zusammengezogenen Magen. Er würgte, doch kaum mehr als halb verdünnter Gallensaft drang zwischen seinen Zähnen hervor. Mühsam kämpfte er sich auf die Beine, weiter, immer weiter. Auf den Kuppen der Hügel tauchten mit einem Mal die Banner des Schwarzen Eises auf. Unheilige Magie versperrte die Pässe aus dem Wirrwarr der Hügelsiedlungen. Und von überallher brandeten die Mächte der Zweiten Schöpfung gegen die Streiter der Elemente. Ich bin das Auge. Ihr seid der Sturm. Wir kamen heran und verkündeten ihnen, wir seien die Herrscher. Sie wehrten sich in ihrem blinden Vertrauen und ihrer Narretei, doch es sei ihnen vergeben. Jene, die sich uns ergaben, möge man aufnehmen in die Essenz. Jene, die es nicht taten, liegen da in ihrem Blute. Ein neues Zeitalter beginnt, und seine Zeugen seid ihr. Tragt die Kunde hinaus in die Welt, und zerstört, was sich ihr entgegen stellt. Die Leiche des Kindes lag auf der verdorrten Ebene. Ihre Haltung zeigte Qualen im Moment des Todes, und ihr graues, eingefallenes Gesicht sah anklagend nach Osten, wo die Schnitter ihr blutiges Werk verrichteten.