Spielwelt(en): | Mitraspera |
Urheber:innen: | Sebastian Lutter |
Mitwirkende: | weitere Autor:innen |
Jahr: | 20? |
Yanakas Schwur an Yilala Moh
In Diesem Dunklen Verlies stehe ich, an der Seite des Volkes der Erde und schwöre Dir, Yilala’Moh den Eid: Niemand möge dieses Dunkle Grab schänden, als bis Deine Schuld verziehen ist. Der Weg wird versperrt, wie Du ihn versperrtest. Dein Wille und Dein Entschluß sollen auch mich führen. Dies gelobe ich, Yanaka, Deine Erbin!
Yilala Moh, Schwarze Herrin des Todes
Fragment 1:
Geschöpf der Erde Trauer und Schmerz zerrissen Roslins Herz, denn schwer traf SIE der Tod von Sah’ra, IHRER Freundin und Gefährtin. SIE war kaum wiederzuerkennen in den Tagen nach der Nachricht von ihrem Tod. Drei Tage lang ließ SIE niemanden zu sich, schloss sich in der Kammer ein, und als SIE danach wieder herauskam, hatte SIE jede Lebensfreude verloren: Dunkel umrandete Augen starrten mit gebrochenem Blick aus einem schmalen, blassen Gesicht. SIE aß kaum, sprach noch weniger. Es war die Hilflosigkeit, die IHR Herzen schwer werden ließ. Am liebsten wäre SIE ihr zu Hilfe geeilt und wenn es sein müsste, an ihrer Seite in den Tod gegangen. Doch nichts konnte SIE tun, und dies Gefühl der Wehrlosigkeit zehrte SIE auf. Erst nach zwei Monden fasste SIE wieder Lebensmut, in den kurzen, unbeschwerten Tagen der Winterkönigin.
Fragment 2:
Jula IHR Glück war indes nicht von langer Dauer: fmparMalaka’ReJula herrschte nur einen Winter über die Pforten, die ersten warmen Strahlen des Goldenen Wagens brachten keine Hoffnung, sondern Tod. Jula war IHRE Freundin geworden und hatte IHR wieder Lebensmut gegeben. Das Entsetzen über ihren Tod stand IHR ins Gesicht geschrieben, als SIE die Nachricht erhielt. Genau wie der blitzende Stahl Julas Herz getroffen hatte, so fuhr nun die Kälte wie ein Dolch in IHR Herz. Dennoch sprach SIE mit ruhiger Stimme: ”Drei Tage möchte ich trauern und um Jula weinen, so wie ich um Sah’ra weinte, denn mehr Zeit zur Trauer bleibt in diesen schrecklichen Zeiten nicht.“ Und ohne noch eine Antwort abzuwarten, zog SIE sich zurück und ward wiederum drei Tage nicht gesehen. Nun jedoch war in IHREM Gesicht keine Trauer mehr zu sehen, aber auch keine Hoffnung. Niemand weiß, was SIE dachte oder fühlte, als SIE mit IHREN in die Höhlen eingefallenen Augen und IHREM in diesen drei Tagen weiß gewordenem Haar aufrechten Schrittes an die Pforte ging, Jula den Beinamen ”Winterkönigin des Südens“ gab, und das Tor mit den Worten ”ICH BIN DIE MALAKA’RE!“ öffnete.
Fragment 3:
Kelek der Unglückliche Noch am selben Tag wurde klar, dass SIE IHR Amt ganz anders führen würde, als IHRE Vorgängerinnen: Sobald SIE durch die Pforte gegangen war, wurde diese auch schon geschlossen. Die Tunnel wurden versiegelt, niemand sollte hindurch. SIE selbst kam nur noch selten heraus aus IHREN Tunneln, die SIE nun bewachte. SIE schien sich auch zu verändern, denn SIE begann sich andersartig zu kleiden, so gar nicht nach dem Stil IHRES Volkes. Bei IHREN wenigen Audienzen, die SIE gab, trug SIE einen reich bestickten Rock, prachtvoll und würdig, doch welch merkwürdige Stickereien darauf gestickt waren? Niemand konnte sagen, was sie wohl bedeuten sollten. Nur die Wenigsten erfuhren je, dass SIE unter diesem Rock stets IHRE altbewährte Rüstung trug. Dennoch waren die Tunnel nicht vollständig geschlossen, denn von Zeit zu Zeit sorgte SIE dafür, dass die bedrängten Truppen Keleks im Süden Nachschub bekamen. Niemandem jedoch gewährte SIE mehr Zutritt zu den Tunneln, nur Waffen und Nachschub transportierte SIE noch durch die Tunnel und niemand weiß, wer IHRE Helfer und Unterstützer waren.
Fragment 4:
Einsames Verlies SIE zog sich immer mehr zurück und immer seltener sah man SIE außerhalb IHRES Reiches. Wie einsam muss SIE in den finsteren Verliesen gewesen sein, die SIE zu IHRER Heimat erkor! Selbst zu IHREM Volk im Süden pflegte SIE keinen Kontakt mehr. Irgendwann einmal hing ein Anschlag an der Pforte, in dem geschrieben stand, dass niemand mehr IHR jemals unter die Augen treten solle. Kein Auge - lebendig oder tot - sollte jemals wieder IHR Gesicht sehen. Sieben Tore ließ SIE errichten, und alle wurden fest verschlossen, und hinter diesen Toren harrte SIE aus, in IHREM dunklen, selbstgewählten Gefängnis. Niemand sollte je diese Tore öffnen, solange SIE lebte. Und niemals mehr würde SIE sich in IHRER Aufgabe eine Blöße geben und niemals mehr die Gefahr im Süden unterschätzen, denn der Schutz dieser Heiligen Hallen Terras war IHR oberstes Ziel.
Fragment 5:
Hinunter zur Pforte Als jedoch die Lage im Süden immer bedrohlicher wurde, kam Yoana selbst hinunter zur Pforte, um SIE zu bitten, den Weg in den Süden zu öffnen, um die letzten Verbliebenen unter Keleks, dieses Unglücklichen, Führung im Süden retten zu können. Doch die Tore blieben verschlossen! Yoana redete, drohte, rief und weinte, bat schließlich und flehte, doch die Tore blieben verschlossen, denn dies war IHR Reich. Schließlich legte sie ihre prunkvoll bestickte Robe ab, als Zeichen, dass sie friedlich käme und als Dienerin, nicht als Herrin und SIE ließ das erste Tor öffnen.
Fragment 6:
Der blitzende Stahl Doch sie stand nur vor einem zweiten Tor, und auch das war fest verschlossen. Still und bedrohlich stand es da. Sie rief nach IHR, doch keine Antwort kam - nur dumpfes Schweigen in der Dunkelheit. Denn SIE war erbarmungslos und unbarmherzig, und erst als sie auch ihre letzte Waffe, ihren Dolch, abgelegt hatte, öffnete sich das Tor.
Fragment 7:
Sieben Tore Vor dem dritten Tor rief sie nach IHR und wieder kam keine Antwort. Nun zog sie ihre Schuhe aus, zum Zeichen, dass auch sie ein Geschöpf der Erde war und sich demütig zeigte, wenn sie in Terras Heiligen Leib trat, und das Tor öffnete sich.
Fragment 8:
Wehrlos Am vierten Tor schließlich legte sie ihre Rüstung ab, um zu zeigen dass sie wehrlos sei und sich vorbehaltlos in Terras Schoß begebe. Und wieder rief sie nach IHR: ”Sieh, meine Rüstung lege ich ab und schutzlos bin ich. Und nichts schützt mich vor dem Zorn DEINER Ewigen Wacht!“ Und das Tor öffnete sich.
Fragment 9:
Bestickter Rock Doch wieder stand Yoana vor einem Tor, dem fünften, und wieder war es verschlossen. Sie trat vor, und rief SIE an: ”Geliebte Schwester, so höre mich: Lass mich eintreten, ich flehe Dich an bei unserer Liebe und der Liebe unseres Volkes. Meinen eigenen Rock lege ich ab, denn schutzlos bin ich in diesen Katakomben und nur zu Bitten bin ich hier. Deinem Schutz und Deiner Güte vertraue ich mich an!“ Und SIE ließ das Tor öffnen.
Fragment 10:
Blöße Am sechsten Tore schließlich trat sie vor und rief wieder nach IHR: ”Siehe, Erbin Julas und Herrin dieses Reiches, durch fünf Tore bin ich geschritten, um zu Dir zu gelangen. Mein letztes Gewand lege ich ab, und bedecke meine Blöße nicht. Öffne das Tor, damit ich Dir gegenüber treten kann.“ Und das Sechste Tor wurde geöffnet.
Fragment 11:
Ankorianer Am letzten Tore schließlich legte die Yoana, IHRE eigene Schwester selbst - nackt und schutzlos - den Ring ab, das Zeichen ihrer Verbundenheit seit Kindertagen. Denn nicht als IHRE Schwester war sie hier, keine persönliche Sehnsucht trieb sie hier hinunter. Sie war einfach eine Ankorianerin in verzweifelter Sorge und schrecklicher Angst um die letzten ihres Volkes, das nunmehr fast nur noch als leblose Gesellen im endlosen Heerwurm diente, denn nur wenige waren der Königin der Knochen noch nicht anheimgefallen. Und das Tor öffnete sich und Yoana trat IHR gegenüber.
Fragment 12:
Erbarmungslos Kalt und unbarmherzig blickten IHRE erbarmungslosen Augen auf das schreiende und heulende Bündel von Weib herab. Sie schlang sich um IHRE Füße, flehte und schrie, doch SIE stieß das nackte Mädchen einfach in den Staub. SIE rief: ”Was willst Du noch? Nicht länger meine Schwester bist Du, so wie ICH nicht mehr Roslin bin! Weisst Du, wie sie MICH im Norden nennen? YILALA’MOH ist dort mein Name, die SCHWARZE HERRIN, und so wirst auch Du mich fortan nennen! Doch niemand wird jemals mehr diesen Namen mehr in mein lebendiges Antlitz sagen, auch Du nicht, kleine Yoana! Und jetzt verschwinde aus meinen Augen!“ Was sollte SIE auch noch sagen? SIE würde die Pforte nicht öffnen, denn es war zu spät. Diese, IHRE Tunnel würden geschlossen bleiben, auch wenn dies das Ende IHRES eigenen Volkes bedeutete. IHRE Schwester dort im Staub würde nie verstehen, was der Krieg bedeutete! SIE stieß sie hinaus aus den Toren, wohl wissend, dass dies ihren sicheren Tod, nein Schlimmeres, bedeutete. Ob SIE in IHREM Herzen weinte, kann niemand sagen, aber SIE wusste, dass dies die einzig richtige Entscheidung war, auch wenn dies bedeutete, dass SIE als Letzte IHRES Volkes den gesamten Süden in den Untergang schickte.
Fragment 13:
Yoanas Schwester So geschah es, dass dennoch ein lebendes Wesen IHR unter die Augen trat. SIE behielt Yoanas Ring und schwor bei IHREM Amte und allen IHREN Vorgängerinnen, dass SIE diesen Ring IHRER Schwester demjenigen geben wolle, der ebenso würdig sei wie Yoana selbst. Doch nie wieder wagte es jemand zu IHREN Lebzeiten, zu IHR vorzudringen, und so war Yoana, die letzte, die SIE lebend sah. Draußen wurde SIE gefürchtet, sowohl im Norden, als auch im Süden. ”Schwarze Herrin des Todes“ wurde SIE nun genannt, SIE, welche IHR eigenes Volk dem Untod anheimfallen ließ, SIE, welche Kelek und Saros im Stich ließ, SIE, welche die Tunnel geschlossen hielt, jetzt wo der Süden gefallen war. Niemand, weder im Norden noch im Süden wagte es, die verschlossenen Pforten auch nur anzurühren.
Fragment 14:
Ewige Wacht Noch jahrelang lebte SIE in IHREM dunklen und verschlossenen Verlies unter der Erde, und niemand hörte oder sah etwas von IHR. Wie schrecklich muss es gewesen sein für eine aus IHREM Volke! Jahrelang in vollkommener Abgeschiedenheit, ohne irgendeine lebende Seele zu sehen, allein der Wache an der Pforte verpflichtet. Die Wege in den Süden waren verschlossen, niemand kam hindurch. Doch auch der Untod war auf das Land im Süden beschränkt. Eines Tages jedoch brach das Äußere der Tore zu IHRER Heimstatt, und als ich nachsah, waren alle IHRE Tore aus den Angeln gefallen. Die Pforte zu den Tunneln selbst war jedoch fest geschlossen. Man fand SIE in IHRER schönsten Robe, und gewandet in IHRER brünierten Rüstung friedlich auf IHRER Schlafstatt liegen. IHR schlohweißes Haar umrandete IHR verhärtetes Gesicht und IHRE leblosen Augen schienen immer noch wachsam geradeaus zu starren - so fand ich SIE. So erhaben war die letzte aus dem einst stolzen Volk der Ankorianer dahingeschieden.
Fragment 15:
Verrat Nachdem die Boro’Madar IHR ein Begräbnis bereitet hatten, wie es IHR Letzter Wille war, fiel das Amt der Malaka’Re nun an mich, Yanaka. Immer hatte ich SIE gefürchtet, ja früher auch gehasst. Doch nun, als ich in IHR Reich trat, welches ja nun mein Reich wurde, und IHRE Geschichte erfuhr, da füllte sich mein Herz mit Trauer und Schmerz ob IHRES Schicksals. Langsam erfuhr ich, welche Grausamkeiten SIE erst zur gefüchteten Herrin des Todes machten. Ich erfuhr, warum SIE so handelte, ja handeln musste, und wahrhaft schwer lastete die Bürde des Amtes auf IHREN Schultern. Nach einem Jahr fand ich den hinterhältigen Plan, der hinter dem Besuch Yoanas steckte, und mir wurde klar, welch schmerzlicher Abschied dies für SIE war: Kelek war längst tot, und auch Saros, der Unglückliche, war bereits ein Streiter des Endlosen Heerwurms. Doch niemand wusste es, denn der Tod kam schleichend in der Nacht über sie beide. Und Yoana, die Treue, befolgte den Befehl ihres Herrn und ging zu ihrer Schwester, unwissend, in wessen wahren Auftrag sie handelte. Hätte Yoana IHR Herz erweicht, und wäre die Pforte geöffnet worden, Gawans Schergen standen schon bereit, die Tunnel zu besetzen und nichts hätte ihren Vorstoß in den Norden noch aufhalten können. Wie entsetzlich muss es für SIE gewesen sein, die eigene geliebte Schwester in den Tod zu schicken, wo IHR sehnlichster Wunsch doch gewesen wäre, sie zu retten. Zu wissen, dass sie unwissentlich im Auftrag der Verfemten handelte! Zu wissen, dass die eigene Schwester ein Werkzeug von Verrätern ist, Verrätern, denen sie vertraut! Und ihr nicht helfen zu können, ihr nicht einmal die Wahrheit sagen zu können, aus Angst, sie würde Kelek , ihrem Herrn, mehr Glauben schenken, als jener Schwarzen Herrin des Todes, die einst ihre Schwester gewesen war. Wie sehr mag es IHR das Herz zerrissen haben, das vermag sich keine lebende Seele vorzustellen .... Das einzige, was IHR blieb, in all den Jahren, war Yoanas Ring, und jener Ring wartet immer noch darauf, dass IHR ein würdiger Nachfolger gegenüber tritt. Nun jedoch bin ich die Malaka’Re. Die Elemente mögen mir beistehen, und die Weisheit der Ouai möge mich leiten, dass ich dies Amt in Würde ausfüllen möge, so wie Yilala’Moh die Schwarze Herrin des Todes es tat! Immer noch heisst es im Norden, IHR ruheloser Geist würde in den Tunneln keinen Frieden finden und in den dunklen Gängen hört man IHR Wehklagen, denn erst nach IHREM Tod brachen sich Trauer und Schmerz in IHREM ruhelosen Geist Bahn. Ich jedoch sah und hörte nichts davon.
Fragment 16:
Das Begräbnis Wir erinnern uns. Wir bauten ein Grabmal für SIE. Tief unter der Erde. Und IHR Geist leitete uns, wir schützten IHR Grab mit sieben Toren wie SIE es im Leben hatte. Und sie lassen sich nur durch IHRE Prüfungen öffnen. Und IHR Geist half uns, die Erinnerung zu verschleiern. Doch IHR Geist wartet in IHREM Grab - Wartet auf den einen, der zu IHR kommt und das verlangt, was nur den Lebenden gehört. Wir erinnern uns, wir verschlossen den Tunnel, doch wir wissen wo er war. Wir können su den Tunnel zur ersten Pforte zeigen, doch nur einer von su kann durch die Pforten schreiten und die Prüfungen ablegen.