ITT Velor

Aus Mythopedia
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Velors Geschichte

Spielwelt(en):Mitraspera
Urheber:innen:Lena Weber
Mitwirkende:
Jahr:2015

Der Tag begann genauso wie jeder dieses Wagenlaufs begonnen hatte. Bohes ging davon aus, dass er auch enden würde, wie ein jeder zuvor. Er ging seinem Tagwerk nach, dem Zubereiten feiner Speisen. Er war allein, und er dachte sein Lebtag allein sein zu müssen. Die Männer der Nachbarschaft waren alle viel glücklicher, so sagte er sich, denn sie hatten nicht nur Haus und Hof, Arbeit und Auskommen, sondern auch eine Frau an ihrer Seite. Und Kinder. So sehr neidete er ihnen, obwohl er wusste, dass dies Unrecht war. Er hatte schon sooft den Weg gesucht, um eine Frau zu finden. Er war nicht anspruchsvoll, doch gelingen wollte es ihm einfach nicht. So war er einsam und für sich, verfiel seinen Launen in Missmut, wurde zornig und ungestüm. Doch tief im Herz wollte er doch nur Heim und Glück.

Der Tag war zur Hälfte voran geschritten, als ein Reiter auf weißen Wehen daher kam. Er lud Bohes ein, mit ihm zu kommen. Der Herr der Ewigkeit wäre in der Nähe, und habe von den feinen Speisen Bohes probiert, nun wolle er ihn kennen lernen.

So folgte Bohes dem Reiter bis zu der prachtvollen Stätte des Herren der Ewigkeit. Er lief die Treppe empor und stand dann vor einer großen Schale, groß genug für einen Menschen, aus goldglänzendem Metall.

„Tue etwas hinein, was dir wichtig ist!“, sprach der Reiter zu ihm. Bohes tat wie ihm geheißen und legte ein Stück seines besten Käse in die Schale, welches er eigentlich als Geschenk mitgebracht hatte. Viele andere Gegenstände und Opfergaben befanden sich darin, denen er jedoch wenig Beachtung schenkte.

Dann trat er durch die Tür neben ihm. Der Raum war groß und leer, einer Halle gleich. Seine Tritte waren dort dumpf und widerhallend. Am anderen Ende des Raumes sah er den Herr, gekleidet in prächtige Gewänder von goldenem Glanz, schillernd in allen Farben der Welt.

„Du bist ein guter Mann Bohes, das erkennt man auf den ersten Blick. Du bist fleißig und ehrlich, zeigst Nächstem und Fremden Respekt, du hast einen Sinn für Schönes und hast neue Ideen. Leidenschaftlich probierst du aus, greifst auf alte Lehren zurück. Du bist ein guter Mann. Ich möchte dir etwas zurück geben, Bohes, was dein Leben schöner macht und dich glücklicher. Denn ich sehe, dass du es nicht bist. Was also begehrst du?“

Bohes war gerührt und bedankte sich vielfach. Nur auf Drängen gestand er seinen Wunsch schließlich ein: „Oh Herr, nichts wünsche ich mir sehnlicher als eine wundervolle Frau an meiner Seite!“, sagte er dann. „Das sollst du haben!“, antwortete der Herr der Ewigkeit. „Komm wieder zu mir, nachdem du dich gewaschen und gestärkt hast.

Bohes tat wie ihm geheißen, reinigte sich und zog frische Kleidung an. Dann ging er zurück. Er bestieg die Treppen, lief an der Schale vorbei, ohne hinein zu sehen und betrat die nun wohlig duftende Halle. Ein Duft, die Sinne betörend, warm und weich. Der Herr der Ewigkeit trat auf ihn zu, erneut mit glänzendem Schein. „Alles was man gibt, wird einem zurück gegeben. Du gabst mir dein Machwerk, legtest es in die Schale am Eingang, die Kronschale. Nun gehe dorthin zurück, schließe deine Augen, und fasse mit beiden Händen hinein. Das, was du als erstes in den Händen hälst, sollst du nehmen. Es wird sein, was du dir gewünscht hast, nach was dein Herz sich innerlich sehnt. Es soll dein Glück sein.“

Bohes dankte ihm erneut, verabschiedete sich und ging zurück zur Schale. Noch bevor er angekommen war, schloss er seine Augen. Vorsichtig tastete er sich heran, umfasste mit beiden Händen die metallene Umrandung. Er holte noch einmal Luft, dann fühlte er hinein. Ein Stück Stoff striff seine Finger. Es war das erste, was er fühlte. Warm, weich und gewebt. Er zog daran, doch es schien fest zu hängen. Er betastete es, immer noch mit geschlossenen Augen. Dann merkte er, dass der Stoff nur etwas anderes umgab. Etwas großes, schweres. Er umfasste esvorsichtig um nichts kaputt zu machen. Dann öffnete er die Augen. In seinen großen Händen lag ein Säugling. Schnell nahm er das Kind richtig in den Arm, betrachtete es mit offenem Mund. Es dauerte einen Moment, bis er begriff. Dann lief er zurück in den Saal.

„Herr, bitte... das ist ein Kind. Ein kleines Mädchen. Wie kann ein Kind ein Geschenk sein? Ich wünschte mir doch eine Frau, aber dies hier ist keine. Wie soll sie mich glücklich machen? Ich werde doch nur Leid über unser beider Leben bringen.“

„Sie ist allein wie du es bist!“, war das Einzige, was der Herr sagte und ging.

Bohes blieb also nichts anderes übrig. Er nahm das Kind, drückte es an sich, und ging zurück zu seinem Hof. Er baute etwas, um das Mädchen weich zu betten, er suchte eine Amme. Die erste Zeit war schwierig. Doch als das erste Lächeln auf ihrem Gesicht strahlte, da lachte auch er. Und es war das erste Mal seit langer Zeit.

Das Kind wuchs auf, und wenn auch nicht sorglos, oder ohne Fehler seitens des Ziehvaters, so doch geliebt. Sie half dem Vater bei der Arbeit, als sie etwas größer wurde. Sie wurde ein liebes Mädchen, das fröhlich mit ihrem goldglänzenden Haar, dem feinen Gesicht und den grünen Augen die Welt des Mannes belebte, der sich doch eigentlich so sehr eine Frau gewünscht hatte.

Als Bohes ein alter Mann war, da stand sie vor ihm, in all ihrer Pracht. Sie war zu einer Frau gereift, wunderschön und anmutig, von edlem Gemüt, ohne je von Adel gewesen zu sein.

Da hellte sich sein Gesicht auf, als er erkannte, was schon vor so langer Zeit gewesen war: „Velor, mein Kind, du bist eine Frau. Ich habe dich reifen sehen. Ich war ein griesgrämiger Mann, ohne Freude. Doch du hast wieder Frohsinn in mein Leben gebracht. Nun sterbe ich, als glücklicher Mann, der das liebste und teuerste hatte, was man sich nur wünschen kann. Du Krone meines Lebens, ich danke dir. Du hast mich unendlich reich gemacht. Und nun erkenne ich: Das was man sich wünscht, ist nicht immer das, was man braucht. Ich brauchte dich, so wie du einst mich brauchtest. Möge dein strahlender Schein nun über anderer Glück wachen.“