Spielwelt(en): | Mitraspera |
Urheber:innen: | Lena Weber |
Mitwirkende: | weitere Autor:innen |
Jahr: | Jahr |
Erster Traum
Du öffnest die Augen, die Bahnen an weißem und goldenem Stoff um dich herum verschwimmen an den Rändern. Lichtreflexe, geworfen von an Bändern hängenden Kristallen erfüllen den Raum. Obwohl auf weiche Kissen gebettet, schmerzt jeder deiner Knochen. Der Stoff deines Gewandes ist federleicht und liegt doch bleischwer auf deinen Gliedern und das Atmen fällt dir schwer.
Eine schmale Gestalt tritt an deine Bettstatt heran. Als sie näher kommt, greifst du unter Schmerzen nach ihrer Hand. Jetzt wo sie nah genug heran getreten ist, siehst du, dass es sich um eine junge Edalphi handelt.
“Helle Sterne und einen klaren Geist für dich an diesem Tag, Meister Miron.” sagt sie mit einer sowohl ehrfurchtsvoller wie auch besorgter Stimme.
“Helle Sterne auch für dich, junge Freundin.” antwortest du auf ihren Gruß. Deine Stimme ist dünn, vom Alter gezeichnet. Die junge Edalphi scheint besorgt. “Meister Miron, stimmt es, was die anderen sagen? Wir sollen der nächsten Generation nichts mehr von Euch berichten, wenn Ihr von uns gegangen seid? Welchen Sinn mag das wohl haben? Können wir nicht wenigstens Euer Andenken bewahren, wenn Ihr schon gehen müsst?”
Ihre Augen schwimmen vor Tränen, die noch nicht vergossen wurden. Du atmest tief ein und setzt an zu sprechen.
“Deine Kinder werden vergessen, wie deine Brüder und Schwestern außerhalb dieser Mauern schon so viel aufgeben mussten. Aber nein, weine nicht, euer Leben ist ein gutes Leben. So wie mein Leben gut war. Es bringt nichts, verschüttetes Wasser wieder in den Kelch schütten zu wollen. Ich werde schlafen und ihr müsst einen Weg finden zu Leben ohne die Hälfte der Zeit in die Vergangenheit zu blicken.”
Du drückst ihre Hand immer wieder während du sprichst.
“Ich werde in jedem meiner Träume für deine Kinder und Kindeskinder hoffen. Ich wünschte ich könnte jetzt mehr für euch tun, ich wünschte meine Erinnerungen an meine Gespräche mit Kariss wären klarer, aber ich war so jung. Die Grausamkeit der Dinge, die er berichtete, verwirrte den Jungen, der ich war und ich vermag die genauen Worte nicht mehr zu wiederholen. Mögen die Elemente mir vergeben Jaleryn, es liegt nicht in meiner Macht euch jetzt zu helfen. Ich kann nur auf die Prophezeiung vertrauen. Und wenn die Zeit nach der Zeit gekommen ist, werde ich einen Weg finden euch und der Frau, die für mich wie eine Mutter war zu helfen aus diesem Element unwürdigen Zustand zu entfliehen. Denn weder ein zu langes noch ein zu kurzes Leben ist den Kindern und Kindeskindern der Quihen Assil würdig. Aber bis dahin helft denen, die euch nachfolgen zu leben. Erspar ihnen die Tränen, die du und deine Geschwister über das vergießen, was verloren ist.”
Das lange Reden hat dich erschöpft. Nicht mehr lang schießt es dir durch den Kopf. “Aber wer wird sich um das Gefäß kümmern, wenn wir vergessen? “ fragt die junge Frau besorgt.
“Ah'tian wird es aufbewahren solange sie kann. Und sie wird einen würdigen Nachfolger finden, wenn es an der Zeit ist. Habe keine Sorge, ich vertraue meine Seele voller Vertrauen in ihre Hände. Möge Terra mir verzeihen, dass ich mir ein wenig mehr Zeit erschleiche, bevor ich zu ihrem Schoß zurück kehre.”
Du küsst ihre Hand, die du immer noch in deinen Händen hältst. “Lebe voll und ohne Reue Jaleryn, und schicke Ah'tian herein, wenn du gehst... “
Zweiter Traum
Nichts ist greifbar. Dann auf einmal hast du Augen, die sehen können, Hände ,die fühlen, Ohren, die hören. Du schaust an dir herab und siehst schwarze Roben, der aum in dem du dich befindest ist karg und hat keine Fenster. Regale über Regale mit Kisten und Büchern sind alles, was du siehst. Doch du nimmst einen Lichtreflex aus deinem Augenwinkel wahr. An der Wand hängt ein Spiegel, der dazu dient, das Licht der einen Kerze, die den Raum erhellt zu vervielfachen. Du eilst dort hin, es fällt dir schwer, als ob dein Körper nicht dein eigener ist. Und du hast Recht, natürlich hast du Recht, du Narr: das Gesicht, das dir aus dem Spiegel entgegen schaut ist nicht dein eigenes. Ein schwarzgekleideter Ouai schaut dir entgegen. Dann auf einmal verlierst du den Halt. Keine Finger mehr zum Fühlen, keine Ohren zum Hören. Für einen Moment siehst du nichts. Das Gefühl, das dich erfüllt, ist als ob du zwischen Traum und Wirklichkeit wandelst. Vor deinen Augen steht das Gesicht, das du im Spiegel gesehen hast. Und eine Stimme, die sowohl wie die junge Stimme deiner Träume klingt als auch wie jene, die von Alter gebrochen war, ruft aus:
“Er ist es, der mich gefangen hält. Kinder der Kinder der Kinder aller derer, die ich kannte, schreiten durch das Tor, das den Feind bewacht und findet mich!”