ITT Über die Natur des Untoten Fleisches

Aus Mythopedia
Spielwelt(en):Mitraspera
Urheber:innen:Kristina S. Weißmüller
Mitwirkende:-
Jahr:2009
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Allgemein

In Gelehrtenkreisen und über Bibliotheken in allen Reichen Mythodeas weitläufig auffindbare Abhandlung über das Untote Fleisch von Ganura Fidòsi-Tegwaris (Spielercharakter).

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Über die Natur des Untoten Fleisches und diejenigen, die der Knochenkönigin dienen

Um dem Aufruf ihrer ehrenwerten Exzellenz, unsere geliebten Nyame Ka'Shalee Zress, Folge zu leisten, sei hiermit allen Gelehrten, die würdig dazu sind, das nachfolgende Dokument zugänglich gemacht, denn es ist unser aller Pflicht dem Willen ihrer Exzellenz gehorsam zu sein und dem Reiche zu dienen.

Und so will auch ich mich hierdurch als dienlich erweisen dem Reiche des Nordens gegenüber und allen, die dem rechten Weg der Elemente folgen, auf dass sie an meinen Erkenntnissen teilhaben mögen und davon profitieren sollen. Denn es begab sich, dass ich mich als fähig erwies vor den Rikan der altehrwürdigen Bibliothek in Siegelstatt um zur Lehrenden und Gelehrten Mitrasperas ernannt zu werden und so will ich allen, die sich vor der Wahrheit nicht verschließen, lehren, was ich erkannte über die Natur der Untoten, die der Knochenkönigin dienlich sind und ihr gehören.

So will ich zunächst weiter ausholen und erwähnen, dass – was vielen bewusst sein mag – es auch in der Alten Welt so manche Art des Unlebens zu geben scheint. So ist bekannt, dass es solche Körper gibt, die mittels magischer Kräfte mit neuer Stärke versehen werden und sich unlebend und grauenerregend ohne Sinn und ohne Verstand über die Erde bewegen. Diese sind nicht mehr, als belebte Leichen und haben nicht das Unleben in sich. Keine Seele scheint ihnen inne zu wohnen und von gar garstiger Gestalt sind sie und sie erkennen nichts und niemanden, noch nicht einmal sich selbst.

Wie nun aber gestaltet sich das Wesen der lebenden Toten in der Neuen Welt? Es scheint uns Siedlern offenbar, dass es so sein muss, dass das Untote Fleisch als eines der verfemten Elemente der zweiten Schöpfung vor langer Zeit geschaffen wurde durch die Alten Herrscher. Es gibt Anzeichen in den wenigen erhaltenen Schriften, die uns verblieben sind aus der Zeit vor dem Weltenbrand, dass es ein mühevoller, langwieriger Prozess war, das Unleben durch weitreichende Forschung zu formen und die Natur von Seele und Körper derart zu verbiegen, dass dem Kreislauf Terras Totes und auch Lebendes entzogen werden konnte um es in etwas Neues zu verwandeln.

Die Schriften gaben Aufschluss darüber, dass es wohl eine nicht unbeachtlich große Anzahl an Forschenden gegeben haben muss, welche in regem kommunikativem Austausch korrespondiert haben und auf solche Strukturen zurückgriffen, wie sie viele Gelehrte und Akademien heute noch haben. So scheint es Lehrende und Schüler gegeben zu haben und solche, die sich frei ihren Studien hingaben und verschiedene Titel führten. Solche sind da beispielsweise: ”Magus sanguis, rerum humanae habilitatus, Wissensarchivar, Magister artium Thanatos humanae, Saman Orbis Alia“ und noch weitere, die alle schon von einem einzelnen geführt werden konnten.

Diese Titel und Ränge tauchten auf in Briefen, die ebenfalls geographisch einordnbar waren, unterzeichnete man sie doch mit den Ortsangaben Terra Ankor und Assansol, was vermuten lässt, dass letztere, die altehrwürdige Stadt – welche nun gefallen ist – schon in der weiten Vergangenheit dereinst des Untots war und jene seit jeher einen Besitzanspruch darauf empfinden. Gestärkt wird diese Annahme dadurch, dass es scheint, als ließen die Untoten Flugblätter verbreiten, auf welchen sie ihre eigene Ansicht des Krieges dar zu stellen wünschen. So ist es wohl so, dass jene, die untot sind, den Neuankömmlingen vorwerfen, ihnen ihr alteingesessenes Recht auf dieses Land – und sei's nur der Südliche Kontinent – streitig zu machen. Dieser Anspruch scheint damit einherzugehen, dass sie den Siedlern aus der Alten Welt vorwerfen, Invasoren zu sein, barbarisch und grausam einen Angriffskrieg zu führen ohne ein Recht darauf. Sehr interessant ist dabei, alleine schon die Tatsache, dass der Untot Flugblätter verteilt, Schriften ersinnt, sich auf Propaganda zu verstehen scheint!

Heißt dies nicht, dass jene, die tot sind und dennoch lebendig, tatsächlich viel mehr sind als bloß belebte Leichen? Ist es denn nicht vielmehr vorstellbar, dass jene wahrhaftig danach streben, den Lebenden zu gleichen in der Art, ein Leben zu führen? Sie scheinen ebensowenig willenlos oder gefühllos zu sein! Auch scheint den Untoten die Fähigkeit inne zu wohnen, zu empfinden und zu fühlen und Gedanken zu formen nach ihrem eigenen Willen und Ermessen! Dies zeigt sich im besonderen Maße darin, dass es wohl bereits Unterredungen gegeben zu haben scheint, wo klar wurde, dass die Untoten eigene Gedanken und Gefühle hegen und eigene Meinung vertreten können!

Sie scheinen keineswegs wie jene zu sein, die Teil der Schwarzen Essenz sind, die ohne eigenes Wesen sind und nur im Kollektiv bestehen – ganz im Gegenteil! Viel mehr scheint unter den Untoten einjeder andersartig zu sein in seiner Art und seinem Wesen, was doch die Frage nahelegt, ob sie nicht tatsächlich noch eine Art Seele besitzen und welcher Art diese sein mag. Jene – die wohl gänzlich entrückt ist vom reinigenden Kreislauf Terras durch die Macht der Königin der Knochen – ist vermutlich noch immer dergestalt, wie sie einst war, denn was außer der Einfluss der dunklen Königin hätte sie abändern können?

Es ist zu vermuten, dass es solche unter den Untoten gibt, die sich an ihr alten Dasein gänzlich erinnern können und noch immer so sind wie sie waren als Lebende und womöglich liegt es eben daran, dass die wandelnden Toten des Untoten Fleisches sich sosehr geben wie die Lebenden! Es ist doch jedem offensichtlich, dass jene in der Lage sind zu denken, zu handeln, im Kriege taktisch vorzugehen und sich zu organisieren! Sie sprechen, planen, und scheinen selbst zu beten, wie es Relikte ausweisen, die sie an ihren welken Leibern tragen!

Ich gehe soweit zu behaupten, dass jene, die untot sind und den Süden beherrschen, sogar einen Glauben besitzen, eine Religiösität, die ähnlich ist vieler der Glaubensstrukturen der Alten Welt! Es wurden Briefe gefunden – Frontbriefe von der Hand der Untoten selbst! – die belegen, dass jene sich an mindestens einen Heiligen wenden in ihrer Furcht und um höheren Beistand zu bitten scheinen. Heilige! Wenn ein Geist dazu in der Lage ist, solche Strukturen wie göttliche Verehrung zu errichten, ist dann nicht ganz und gar sichergestellt, dass jene Empfindungen und Gedanken und damit auch Ziele hegen müssen, wie sie auch die Lebenden besitzen? Wer um Beistand fleht im Krieg, hat er dann nicht Furcht? Furcht vor dem Ende und Furcht vor dem Verlust?

Verlust von was mag man fragen. Auch darüber gaben die Briefe Auskunft: Es scheint derart zu sein, dass die Untoten leben wie vielen von uns auch! Sie scheinen Dinge zu besitzen, die ihnen lieb und teuer sind, Familien gar – man stelle sich dies vor! – und Häuser und Höfe. Und liegt nicht alleine die Existenz von Briefmarken – mit dem Abbilde eines St. Clemens, wohl gemerkt – und einer Feldpost und einem Glauben nahe, dass jene viel mehr sein müssen, als bloße verwesende Leiber mit unheiliger Kraft beseelt?

Klar ist, dass es solche geben muss unter den Untoten, die höher sind und solche, die jenen unterstellt sind. Es scheint Strukturen in der Masse des Untots zu geben, die gar mannigfaltig in Erscheinung treten. Allen bekannt sind wohl die Lairdoms, welche sich uns jedes mit einem eigenen Banner zeigen und eigenen Farben auf dem Feld führen. Da ist eines, welches ein Banner führt, das rot und schwarz ist und ein Schwert zeigt, dass das Zeichen Ignis' durchbohrt. Da ist eines, welches ein Banner führt, das eine grüne Schlange in Form einer 3 als Zeichen hat, und ein weiteres, das eine blau-violette Lilie wie aus Knochen gemacht als Zeichen hat. Auch wurden wir, die wir in Siegelstatt waren in diesem Sommer, gewahr, dass es noch ein weiteres Banner gab, unter dem ausgesprochen viele Weiber des Untots fochten, die ebenfalls ein Rot als Farbe führten mit dem Zeichen einer Rosenblüte und einem Knochenarm, der sich dort hinausstreckte, wie aus einem Strudel.

Das Prinzip der Heraldik scheint dem Endlosen Heerwurm kein fremdes zu sein und so sieht man schon von weitem über den Heerscharen des Untots noch viele weitere Banner wehen, die derart gestaltet sind, dass sie wohl eine gewisse Gruppierung aufzeigen sollen wie es auch wir tun, was darauf hinweisen mag, dass die Lebenden Toten wohl nicht von einer allesverbindenden und gleichmachenden Macht beherrscht sind, so dass sie alles Denken und Handeln wie ein einziger betreiben müssten, sondern alle in gewissem Maße wenigstens frei sein mögen im Geiste und in ihren Entscheidungen.

Das Untote Fleisch ist demnach gewiss kein Kollektiv, wie es die Armeen des Schwarzen Eises wohl sein mögen, sondern vielmehr zusammengesetzt aus Einzelnen, die verschiedenartig sind. Die Untoten scheinen innerhalb des Ewigen Heerwurms verschiedene Ränge zu bekleiden, so gibt es solche, die nur leichte Rüstung tragen und solche, die schwer gepanzert sind und voll der Kampfeskraft. Andererseits scheint der Tross auch viele mit sich zu führen, deren Aufgabe es zu sein scheint, Leiber zu flicken und neue Seelen zu käschern und Untote so neu zu erheben. Auch scheinen jene sich zu gebaren wie Geistliche um die Entschlossenheit ihrer Truppen zu stützen und sie scheinen die Gunst der dunklen Königin zu besitzen und von großer Macht zu sein.

Und ist es nicht augenscheinlich, dass die Untoten viel mehr an Kultur und Struktur in ihren Gruppierungen besitzen müssen, als wir es vielleicht in unserer anfänglichen Unwissenheit zu erkennen vermocht haben? Muss nicht ein so gewaltiger Heertross, der vielerlei Dinge mit sich führt, der Belagerungsmaschinen und Katapulte baut, der Festen errichtet und verteidigen kann, muss dieser nicht ein großes und weites Netz allein schon der Versorgung wegen hinter sich haben?

Nun mag mancher dementieren und sagen, 'Ach was! Tot sind diese und verderbt und sie brauchen nichts so wie wir Lebenden, denn sie leben ja nicht!', doch dem ist entgegen zu halten, wie wir schon erkannt haben, dass jene nicht bloß wandelnde Leichen sind sondern viel mehr sich gebaren wie als würden sie noch lebendig sein und nicht tot, und wer ein Heer führt, der braucht Waffen, der braucht Pfeile und Munition für große Kriegsmaschinen gegen Mauern aus Stein! Auch wenn, wie anzunehmen ist, diese, die zwischen Tod und Leben wandeln, nicht essen und nicht trinken müssen, so ist dennoch zu vermuten, dass sie Dinge benötigen, um ihre Leiber zu flicken und ihre Rüstungen und Schilde.

Da offenbart sich uns ein weiterer unklarer Punkt über das Wesen des Untoten Fleisches: Wer sucht, seinen Leib zu schützen vor dem Schwerte des Feindes, der muss ein Interesse daran haben, dass diesem nichts geschieht oder die Konsequenz eines zerschundenen Leibes fürchten. Denn der Mensch – nein, alle Rassen dieser Welt vielmehr! – bemüht sich stets und immer nur, wenn er einen Zweck in seiner Tat erkennen kann und nichts geschieht ohne Grund! So mag es erlaubt sein mutzumaßen, dass es verschiedene Gründe geben kann, warum ein lebender Toter sich zu schützen wünscht. In so manchen Flugblättern, die aufgefunden wurden in der Bibliothek und die aus der Hand derer stammen, die der Knochenkönigin dienen, wird verkündet, dass die Kämpfer des Untoten Fleisches tapfer streiten wollten wider die Siedler, die ihr Land bedrohen würden und das nehmen würden, was rechtmäßig das ihre ist, und dass sie nicht wanken wollten in der Gewissheit, dass sie einen neuen Körper bekämen, wenn sie gefällt würden und die Kraft des jetzigen Körpers verbraucht sei.

Dies lässt den Schluss zu, dass es eigentlich keinen Unterschied machen dürfte, in welchen Körper eine Seele, die dem Kreislauf Terras entrissen wurde, von den Machtvollen des Untots gezwängt würde, außer, dass nun einmal ein jeder Körper anders beschaffen ist in seiner Kraft und Gestalt. Doch anscheinend vergeht die Seele eines Un-Lebenden nicht dadurch, dass man seinen Körper zu zerstören sucht, denn sie kann neu eintauchen in ein neues fleischliches Gefäß, dass sie umgibt und ihr Kraft schenkt durch die Macht der Knochenkönigin, der sie dient.

Wieso also bildet das Untote Fleisch Schlachtreihen? Heeresverbände? Gruppen, die zusammen stärker kämpfen als alleine, da sie auf einander abgestimmt sind, und nur im Verband obsiegen? Wieso also den Körper schonen, wenn man so einfach mit einem neuen versehen werden kann und ihn mit Rüstung schützen und nicht losstürmen kopf- und planlos in die Reihen der Lebenden? Weil es eine Knappheit geben muss! Es muss eine Knappheit an Leibern geben, die den vielen Seelen zur Verfügung stehen können, denn wenn die Seele zeitlich unbegrenzt ist in ihrem Nachleben, der tote Körper jedoch verfällt mit der Zeit, dann ist es nur naheliegend, dass der Untot angewiesen sein muss auf frische Körper, die er neu erheben oder neu beseelen kann. Was mit den ursprünglichen Seelen geschehen mag, denen ebenfalls der Weg zu Terra versperrt ist, ist nicht auszudenken und nur voller Grauen mag ich entsinnen, wie die Ebene Mitrasperas aussehen mag, auf der jene verlorenen Seelen in Ewigkeit gefangen scheinen, ohne Hoffnung, ohne Sinn, bestohlen und auf ewig dem Kreis entrissen.

Denn natürlich wird der ewigen Königin daran gelegen sein, die Anzahl der Ihren zu erhöhen, damit jene ihr dienlich sein können, doch kann kein Erdteil der Welt, und sei er noch so gewaltig, Jahrtausende der Ausbeute gar ohne Verschleiß überstehen und nun bleibt mutzumaßen, wie der Südliche Kontinent beschaffen sein mag und was die lebenden Toten aus ihm gemacht haben in der Zeit.

So könnte einerseits angenommen werden, dass jene spätestens seit der Öffnung des Südlichen Siegels machtvoll genug waren, um das Gebiet, das sie als das Ihrige bezeichnen, nach ihrem Gutdünken zu formen. Andererseits könnte natürlich auch davon ausgegangen werden, dass die Macht des Untots nie gänzlich eingeschlossen war durch die Versiegelung und jene ihren Einfluss schon seit der Zeit des Weltenbrandes mehren und benutzen und so den Süden zu etwas ganz und gar unvorstellbaren gemacht haben könnten. Ein Reich des Unlebens, ein ganzer Kontinent geschaffen, um den Toten zu dienen und nach dem Willen der dunklen Königin geformt.

Was jene Hypothese stützt, sind einerseits die Briefe und Flugblätter von untoter Hand, die gefunden wurden, die von Heimat und Wohnstätten sprechen, die Familien und Angehörige, Diener und Herren und Ländereien und Städte erwähnen – selbst wenn es nur Propaganda sein mag! – andererseits die Annahme, dass sich ein so gewaltiges Heer, das eben nicht mit dem Zwang der Kollektivität – wie der eisigen Essenz beispielsweise – ausgestattet ist, versorgen, steuern und führen lassen muss. Nie hat man von einem Heer der Alten Welt gehört, das von ein paar versprengten, einzelnen Kreaturen ohne Sinn und Verstand gelenkt und zum Sieg geführt worden wäre. Nein! Immer nur dann war eine große Streitmacht mit dem Sieg versehen, wenn ein starker Arm, ein einiges Reich, ein williger Geist es lenkte und so kann es nicht sein, dass der Untot, der uns Neuankömmlingen eine so herbe Niederlage verursachte, als wir gegen sie zogen im letzten Sommer, nur über wenig und wenige verfügt, sondern es muss gerade eben so sein, dass da viel mehr lauert auf jenem uns unbekannten Kontinent im Süden, dass all jene, die wider die Dunklen Königin zu streiten suchen, achtsam sein müssen, denn dann wäre dies ein großer Krieg gegen ein machtvolles Reich von solchen, die nicht sterben können, denn sie sind bereits tot, jene, die ohne Furcht zu streiten scheinen, denn die immerforte Wiedererweckung ist ihnen scheinbar gewiss und es sind schließlich jene, die keine Angst verspüren müssen vor dem Schwert des Feindes, denn solche Waffen schneiden stets nur Fleisch, und Fleisch und Knochen sind ersetzbar. Wenn wir uns nicht vorsehen, werden es unsere Leiber sein, die den Nähern gebracht werden, um neue Körper zu formen. Mögen uns die Elemente den rechten Weg weisen und uns in ihrer Gnade behüten!

Doch wollen wir diese Betrachtung nicht so pessimistisch abschließen, sondern uns viel mehr noch ein paar weiteren Details zuwenden, die es zu beachten gilt, sucht man zu verstehen, was jene, die tot sind und dennoch leben, ausmacht. Es scheint so, als wären alle, die für die Knochenkönigin streiten mit tiefer Verehrung jener gegenüber ausgestattet und dass es ihr tiefster, inniglicher Wunsch wäre ihr dienlich zu sein. Nun ist unklar, ob sich jene Treue derart gestaltet, dass es sich um freie, tief als richtig oder nützlich empfundene Anhängerschaft handelt, oder solche, die erzwungen ist durch unheilige Macht. Dies ist schwer zu sehen, da auch diejenigen treue sind, die sagen wir als Landsmann ihrem Fürsten dienten in der Alten Welt, was sie durchaus als richtig und gerecht empfunden haben konnten. Andererseits ist dies dennoch erzwungen, denn welche Wahl hat schon ein Bauer, als seinem Herrn zu dienen?

Spielt es dann überhaupt eine Rolle, ob man freiwillig folgen mag oder nicht? Ob Macht oder Gewalt der Zwang ist oder einfach Pflichtgefühl und Glauben den Einzelnen unter das Joch führt? Es bleibt scheinbar nur mutzumaßen, welcher Art das Dienen für die Knochenkönigin beschaffen ist. Wo die Macht fehlt, da kann der Wille nicht frei sein, und wer nicht würdig ist, den Willen zur Freiheit zu besitzen, der wird niemals frei sein.

Doch gibt es Berichte über eine gewisse Begebenheit an einem Ort auf der Ebene von Shan Meng-Ray, wo noch vor der Zeit des Weltenbrandes dereinst ein Dorf gewesen sein muss, dass wohl Eppoilheim geheißen haben mag. Dort begab es sich, dass man einen gewissen Untoten auffand, welcher nicht der Knochenkönigin diente, sondern frei war von deren Einfluss und dennoch sehr machtvoll und die magischen Kräfte der Untoten zu besitzen schien. So gelang es diesem wandelnde Geister in neue Körper zu bannen, aufdass diese fortan auf der Erde wandeln konnten und nicht mehr Geister waren.

Legt diese Begebenheit nicht nahe, dass die Macht und das Wissen, Tote zu erwecken und Seelen zu käschern nicht nur auf die Knochenkönigin selbst beschränkt zu sein scheint, und dass es nicht nur die unter den lebenden Toten zu geben scheint, die dieser blind folgen? Generell scheint es so gewesen zu sein, dass es nicht die allumfassende Kraft zu geben scheint, die es erlaubt, die Seelen, die aus Terras Kreislauf geraubt wurden, neu in Körper zu zwängen, sondern, dass es sich vielmehr um eine Mischung aus Wissen, Können und Willen zu handeln scheint. Die Existenz des Untoten Fleisches ist die Vollendung eines langwierigen, experimentalen Bestrebens gewesen, den Kreis von Leben und Vergehen zu durchbrechen.

Weiter scheint es so, dass die Schaffung des Untots innerhalb von wenigen Jahren oder Jahrzehnten gelang. Dies ist abzulesen an einer durchgängigen Datierung vieler Schriften eines wiederkehrenden, Forschung betreibenden Personenkreises, was nebenbei wiederum darauf hinweist, dass die Untoten eine Zeitrechnung pflegen und wie wir ihre Tage zählen und kalendarisch festhalten, doch dies Detail ist geradezu nebensächlich im Vergleich zu der Erkenntnis, dass das Dasein der Untoten viel mehr das Ergebnis eines anhaltenden Bestrebens der Alten Herrscher zu sein scheint, als eine bloße, existierende Urmacht des Untots, wie es vielleicht die verschlingende Essenz des Schwarzen Eises darstellt in ihrem Bestreben hin zur Perfektion oder die hungrige Kraft der Öligen Pestilenz in ihrem allvereinenden Streben nach Leben und Vermehrung. Nein, es scheint, als wäre der Untot aus dem uns inniglich verwurzelten Streben nach Ewigkeit entstanden, nach Bestehen, aus dem Festklammern am Ist und dem Unwillen zum Verlust. Wer will schon sterben? Wer ist schon zufrieden mit der kurzen Zeit, die wir haben auf dieser Welt? Wenn – wie es heißt – wir Neuankömmlinge die Nachfahren der Alten Herrscher sind und ihnen immernoch – obwohl viele Generationen unser Blut verwässert haben und wir schwach sind heute – ähnlich sind, dann mag man verstehen, dass es wohl Sehnsucht und Furcht war, was die Alten Herrscher dazu trieb, den Untot zu erschaffen um sich selbst über das natürliche Ende hinaus zu erhalten.

Sie fürchteten das Vergehen, das Ende, und da ihre Macht scheinbar grenzenlos war und sie sich selbst als fähig dazu erkannten und sie sich als Herren über die Elemente der Ersten Schöpfung sahen, was hätte sie davon abhalten können? Sie mögen sich das ewige Leben erträumt haben, doch erschaffen haben sie das ewige Vergehen. Das anhaltende Sterben, das Festklammern an das, was Vergehen sollte. Das nicht enden wollende Verwesen der Körper, ohne Hoffnung auf eine Endgültigkeit. Und mag man es sich noch so sehr zu einem Unleben machen und handeln und sich gebaren wie die Lebenden, so ist man dennoch tot, und ist es nicht eine bittere Vorstellung, wenn man davon ausgehen mag, dass jene Königin tatsächlich die Ewige ist, unter ihr ein Heer, ein Reich an Vasallen, die ihr treu sein müssen ohne Ausweg bis ans Ende der Zeiten, ja, ist es dann nicht geradezu qualvoll sich vorzustellen, der Knochenkönigin dienlich sein zu müssen für immerdar, ohne Hoffnung auf ein Ende der Knechtschaft am Abend eines langen Lebens?

Schwer zu urteilen, denn liegt nicht auch eine unheilige Güte in der Hoffnung auf den Fortbestand des Ichs nach einem viel zu frühen Dahinscheiden? So mögen die Untoten sich wohl an ihrem Weiterbestehen erfreuen und dankbar sein ihrer neuen Herrin dafür, dass sie sie aus der Unvermeidbarkeit der Reinigung der Seelen riss. Sie mögen Terra verfluchen, als grausam, da sie, die Beständige, für niemanden einen Aufschub gibt oder eine Ausnahme erlaubt im ewigen Kreis des Werdens und Vergehens, denn Terra ist der ewige Fels, unerweichlich für das Leid des Einzelnen, doch immerwährend voll der Güte für den Fortbestand des Ganzen. Doch wiegt das Leid dem Einzelnen oftmals schwer auf der Seele, und so mögen die Untoten Freude darin finden, dass der Tod für sie erst der Anfang war für ein neues Leben, aber sie erkaufen diese Güte teuer mit einer Knechtschaft für die Ewigkeit. Keine Hoffnung auf Befreiung, keine Hoffnung auf Frieden, ein Anfang ohne Ende, und der Weg der Erkenntnis, was Ewigkeit tatsächlich bedeutet, mag wohl ein langer und grausiger sein. Die Gnade des ewigen Lebens - so heißt es in der Alten Welt - ist der Fluch des eigenen Ichs, denn wer, der mit der Ewigkeit beschenkt worden ist, hat die Geduld und die Ausdauer, für ein Leben bis zum Ende aller Zeiten? Vielleicht können sich jene, die der Dunklen Königin dienen müssen und Sklaven sind, da sie sich dem Kreislauf als für immerdar entrissen erkennen, glücklich schätzen in ihrem Schicksal der immerforten Dienerschaft, denn wären sie nicht geknechtet, was sonst hätten sie als Anker, als Halt, als Ansporn um die Ewigkeit zu ertragen?

Und so schließe ich diese erste Betrachtung über die Wesenheit des Untoten Fleisches meinerseits und stelle die von mir gezogenen Schlüsse zur Disputatio frei gegenüber allen Gelehrten Mitrasperas, die sich einer gesitteten Disputatio als würdig erweisen. Abschriften können selbstredend in Paolos Trutz angefordert werden. Möge die Weisheit der Elemente uns erhellen, gerade bis zu jenem gesunden Grad von Wissen und Weisheit, an dem die Erleuchtung noch nicht in Verblendung umschlägt.

Vorzüglichst

Ganura Fidòsi

JURISTRIX MAXIMA – Hochjuristin und Justizverwalterin des Nordens Protektorin von Paolos Trutz – Protektoratssenatorin von Paolos Trutz – Lehrende und Gelehrte Mitrasperas – Hohepriesterin des Narbeleth

Wir schreiben heute den 19.VIII anno IX p.rd.M.