Spielwelt(en): | Mitraspera |
Urheber:innen: | Christian Wagner, Julia Reichenbacher |
Mitwirkende: | - |
Jahr: | 2018 |
Auszug aus der Geheimakte VL-02-12-JG
Grundlagentext zu den Viinshar, auch als Töchter der Leere bekannt
Über wenige Geschöpfe des Feindes wird es mehr Mythen geben, als über die Töchter der Leere. Schöne Geistwesen, immer in der verführerischen Gestalt einer Frau, deren äußeres Erscheinungsbild den geneigten Streiter jedoch nicht über ihre Gefährlichkeit hinwegtäuschen darf. Denn so harmlos sie in ihren Gewändern, die vor allem von den Farben weiß und violett dominiert werden, wirken mögen, so tödlich sind sie. Sicherlich mögen sie als Gegner im Kampf nicht zu unterschätzen sein - durch ihre Fähigkeit, sphärisch zu werden, sind sie ein gar abscheulicher Widersacher - aber es sind ihre Fähigkeiten, im Verborgenen zu agieren, denen sich jeder Streiter bewusst sein sollte. Denn während die Pestilenz, das Schwarze Eis oder das Untote Fleisch uns offen entgegentreten und leicht zu erkennen sind, bevorzugen die Geschöpfe der Leere den Hinterhalt.
Die wohl gefährlichste ihrer Möglichkeiten ist hierbei, dass sie in der Lage sind, die Gestalt jedes Wesens anzunehmen, welches sie über längere Zeit beobachten konnten - theoretisch könnte damit jeder Sterbliche jederzeit von einer Viinshar ersetzt werden und diese verderbten Gestalten unter uns wandeln, ohne, dass wir sie auf den ersten Blick erkennen würden. Als die Leere vor einigen Jahren die Nyame entführt hatte und die Viinshar Simerra für wenige Stunden auf dem Thron saß, vermochte sie sogar “ihren” Neches'Re damit zu täuschen. So vermögen sie sie nicht nur Informationen im Herzen des Reiches zu sammeln, sondern auch unsere Herzen mit Misstrauen zu vergiften. Wer kann schon genau wissen, ob ein geliebter Mensch, ein enger Vertrauter nicht längst ersetzt wurde? Und selbst wenn er das nicht wurde, wer sagt uns nicht, dass die Töchter der Leere nicht zumindest ihren Geist beeinflusst haben? Denn neben ihrer Fähigkeit die Erscheinung anderer anzunehmen, sind einige von ihnen auch dazu in der Lage, sie zu beherrschen, ihren Geist zu vergiften, ihnen Befehle einzuimpfen, welchen sie willenlos befolgen müssen, oder ihnen ihre Erinnerungen zu rauben.
Wie also bekämpft man einen derartigen Feind? Zunächst mit all der Vorsicht, die ein Streiter aufbringen kann. Eine Viinshar ist gerissen, ein Geschöpft aus purer Bosheit, das man nicht im offenen Zweikampf stellen sollte, falls man nicht über spezielle Waffen verfügt. Veritable Kampfzauber wurden hier schon mehrfach erprobt, aber auch mit Erinnerungen angereicherte Speicherartefakte vermögen zu helfen, auch sphärische Waffen sind ein probates Mittel oder die Macht bestimmter Elementarvölker eine Viinshar in die Stofflichkeit zu bringen wären denkbare Methoden, die in der Geheimakte VL-02-18-SW weiter vertieft werden. In erster Linie sollte es aber darum gehen die Bedrohung überhaupt einmal zu erkennen, die Viinshar muss mit ihren eigenen Waffen geschlagen werden. Enttarnt, von allen wichtigen Informationen isoliert und dann, nur dann vernichtet oder vertrieben werden. Letzteres ist als Erfolg zu betrachten, selbst wenn es sich nur wie ein schaler Sieg anfühlen mag.
Wie findet man sie also? Die Beobachtungsgabe ist der wichtigste Bestandteil im Kampf gegen die Leere. Denn selbst wenn sie ein Wesen perfekt ersetzen, so bleibt es am Ende nur ein Abbild dessen, was der Sterbliche wirklich war oder hoffentlich, so er gefangen und am Leben sein mag, noch ist. Keine Viinshar kann echte Gefühle empfinden, sie bildet nur das nach, was sie beobachtet hat. Es gilt daher, herauszufinden, ob das Gegenüber einem echte Empfindungen entgegenbringt oder ob das schöne Lächeln, in das man blickt, nichts weiter ist, als ein leerer Abklatsch, ein Schauspiel. Gleiches gilt für die Erinnerungen, die sie reproduzieren - sie können nur das widergeben, was sie stehlen konnten, es aber niemals in seiner Gänze und Detailfülle nachspinnen. Sucht nach kleinen Fehlern, nach Unregelmäßigkeiten in Geschichten, die ihr mit der Person, die ihr verdächtigt, erlebt habt. Führt die Tochter der Leere aufs Glatteis, zwingt sie zu Handlungen, die sie nicht vorhersehen konnte - nie wird sie so spontan und natürlich reagieren, wie das Wesen, welches sie ersetzt hat. Unsere stärkste Waffe gegen den Feind ist es, diejenigen, welchen wir vertrauen, so gut zu kennen, wie uns selbst. Auf das uns jede noch so kleine Veränderung, jede noch so kleine Unregelmäßigkeit auffällt. Und da mögen manchmal gar nicht die engsten Vertrauten der Schlüssel zum Erfolg sein, sondern jene Personen, die bei der Vorbereitung der Viinshar gar nicht im Fokus standen. So wurde die falsche Nyame auf dem Phönixthron etwa nicht von ihrem Neches'Re enttarnt, sondern von einer gemütlichen, plaudernden Damenrunde, die so geschickt agierte, dass nicht einmal die Viinshar bemerkte, wie ihre Maske gerade einer Überprüfung unterzogen wird. Wenn ihr euch dann sicher seid, dann gilt es, jene magischen Artefakte, jene Zauberwaffen einzusetzen, über welche ihr hoffentlich verfügt, um sie zu vertreiben oder gar zu vernichten.
Bedenkt jedoch, dass ihr diese Dinge nicht allein tun könnt. Sobald die Geschöpfe der Leere glauben, dass ihre Tarnung bedroht sein könnte, dann werden sie euren Geist verwirren, in eure Gedanken eingreifen und euch die Erinnerungen daran entreißen, dass ihr ihr auf der Spur wart - oder aber euch zu einer willenlosen Marionette machen. Einer Waffe, die sich gegen das Reich wendet. JG