ITT Logbuch der Westwind

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Logbuch der Westwind

-Kapitän Paolo Armatio

Eintrag vom 1. September 508

Es hat einige Zeit gedauert die Mittel für eine weitere Reise zu den unbekannten Ufern Mythodeas weit im Westen aufzubringen. Emilia und Regina ich danke euch und mögen meine anderen liebreizenden Geschöpfe mir verzeihen. Aber dieses Mal bin ich mir sicher, daß ich es schaffen werde und endlich die Anerkennung bekomme, die mir als großer Entdecker zusteht! Nie wieder wird mich jemand verspotten und als Salzwassersäufer titulieren. Dank der bitteren Erfahrungen, den Verlusten und Rückschläger der letzten Reisen weiß ich, dass ich Recht habe! Mein neues Schiff, die ”Westwind“, ist eine feine Karavelle, bestens gerüstet, um Wind und Wellen zu trotzen. Nur die Besatzung macht mir ein wenig sorgen. Bis auf wenige Getreue besitzt anscheinend kein erfahrener Seemann den Mut mit auf diese Reise zu gehen. Ich habe daher auf andere ”Matrosen“ zugreifen müssen. Mein Steuermann Francis Trebal de Paramande konnte mir in dieser Hinsicht entscheidend weiterhelfen, so dass dieses ausgezeichnete Schiff nun auch über eine tatkräftige Crew verfügt, die in Port Henry, hier auf Tortuga, anheuerte. Sobald der Proviant an Bord ist lichten wir die Anker.

Eintrag vom 2. September 508

Die Crew ist vollzählig und gesund. Die See liegt ruhig, der Wind steht günstig und als wenn es kein besseres Omen gäbe, ließ sich eine Möwe mit einem grünem Zweig im Ausguck nieder. Dafür ist Janus gleich nach dem Ablegen wieder Seekrank geworden. Aber das legt sich erfahrungsgemä ß in den nächsten Tagen wieder.

Eintrag vom 3. September 508

Wir haben die bekannte Küste hinter uns gelassen und an Deck geht jeder seiner geregelten Arbeit nach. Moral und Wetter sind gut und ein stetiger Wind treibt die ”Westwind“ gen Horizont nach Westen. Hart am Wind machen wir 5 Knoten fahrt.

Eintrag vom 4. September 508

Über Nacht sind Wolken aufgezogen, der Wind hat zugenommen und die Wellen schlagen höher. Es könnte ein Sturm aufziehen. Frickeboth Feyn, unser Wassermagier, ist der selben Meinung.

Eintrag vom 5. September 508

Es regnet schon den ganzen Tag, aber ein Sturm ist nicht zu befürchten. Unter Deck ist es zu einer Rauferei zwischen zwei Matrosen gekommen. Ich habe sie beide über Nacht am Mast festbinden lassen, um ihre Gemüter abzukühlen.

Eintrag vom 6. September 508

Die Sonne zeigt wieder ihr Gesicht und die See wird ruhiger. Wir haben eine konstante Geschwindigkeit von 3 Knoten bei mäßigem Wind. Längsseits wurden einige Wale gesichtet, die Richtung Norden ziehen.

Eintrag vom 7. September 508

Alles verläuft gut und wir sind auf Kurs. Mein erster Offizier Magnus Schwarzfischer hat die Mannschaft im Griff und scheucht sie mehrmals am Tag in die Takelage.

Eintrag vom 8. September 508

Wir ändern unseren Kurs nach Südwesten, dorthin wo Janus laut seinen Karten eine starke Strömung nach Westen vermutet. Ich hoffe er hat Recht. Das letzte Mal hat uns seine Vermutung an dieser Stelle in ein Windloch gebracht, dass uns 5 Tage lahmgelegt hat.

Eintrag vom 9. September 508

Janus hatte Recht. Das Schiff reitet auf den Wellen der Strömung wie ein ungestümer Hengst und mit dem Wind im Rücken haben wir heute fast 8 Knoten erreicht. Es ist fantastisch.

Eintrag vom 10. September 509

Es gab einen Unfall. Pedro, ein Leichtmatrose, ist bei der Nachtwache über Bord gegangen und nicht mehr aufgetaucht. Es gab keine Zeugen. Unter Besatzung macht sich Unruhe breit, da einige der älteren die Legende von einem alten Aberglauben aufleben haben lassen. Demnach soll ihn Cerenistra, die Dämonin der See, geholt haben. Diese Märchenfigur soll junge Seeleute, vor allem, wenn sie verliebt sind, betören und ins kalte, nasse Grab hinabziehen. Das ist natürlich Unsinn. Viel wahrscheinlicher ist, dass er betrunken war. Frickeboth ist da anderer Ansicht. Er hat mich 2 Stunden lang mit Theorien über Meeresdämonologie eingedeckt.

Eintrag vom 11. September 508

Frickeboth ist ein unnützer Schwachkopf. Meine Befürchtung war gerechtfertigt. Ich habe den ersten Maat Jorn Knutson angewiesen das Schiff nach Alkohol zu durchsuchen. Er wurde fündig und insgesamt ließ ich 20 kleine Fässer hochprozentigen Rums konfiszieren. Das mag zwar schlecht für die Moral sein, aber sicherer für das Schiff. Zudem stellte ich dabei fest, wie gut die Mannschaft bewaffnet ist.

Eintrag vom 12. September 508

Unter drei Augen riet mir Francis aus gewissen Gründen den Schnaps wieder zurück an die Mannschaft zu geben, sei es auch in rationierter Form. In anbetracht des Fortgangs meiner Forschungsreise habe ich beschlossen seinem Rat zu folgen.

Eintrag vom 13. September 508

Die Meeresströmung, die uns so schnell voran gebracht hat, scheint nun ihre Richtung zu ändern. Statt nach Westen zieht sie uns nun nach Süden. Nun müssen wir uns wieder hauptsächlich auf den Wind verlassen.

Eintrag vom 14. September 508

Das Wetter ist beständig, doch die Mannschaft beäugt mich noch immer mit Argwohn. Ich denke, dass geht vorüber. Magnus ist da anderer Ansicht und würde sie am liebsten auspeitschen.

Eintrag vom 15. September 508

Deserteure! Heute Nacht haben sich 4 Matrosen mit dem Beiboot davon gemacht. Unter den Feiglingen sind Holk , Fredo, Sotto und Krikrus, die sich reichlich mit Vorräten eingedeckt haben. Der Smutje Mato Grande wurde heute morgen mit einer großen Beule am Kopf gefunden. Und natürlich hat wieder keiner etwas gesehen.

Eintrag vom 16. September 508

Umdie Moral an Bord zu verbessern habe ich ein kleines Fest veranstaltet. Ich habe ordentlich Rum ausgegeben, doppelte Rationen verteilt, mich als vollbusige Hafenschönheit verkleidet und dem Schiffsjungen Ulf meinen Kapitänsrock verpasst. Da der Wind sehr lau war, kann ich diesen Aufschub zu meinem Erfolg verkraften. Auf jeden Fall ist dies besser, als eine Meuterei zu provozieren.

Eintrag vom 17. September 508

Normalität kehrt wieder an Bord ein. Der Smutje hat heute stolz verkündet, dass er die letzte Ratte an Bord erschlagen hat.

Eintrag vom 18. September 508

So weit im Westen waren wir noch nie. Wir können also nicht mehr fern von den Küsten Mythodeas sein. Ich habe den Ausguck verdoppelt und eine Belohnung von einem Goldstück für denjenigen ausgesetzt, der zuerst Land entdeckt. Die Männer sind begeistert. Alle lieben mich!

Eintrag vom 19. September 508

Am Horizont ziehen bedrohliche Wolken auf. Francis, Janus und Frickebot bedrängen mich den drohenden Sturm zu umfahren, aber ich habe vollstes Vertrauen in mein Schiff und in meine Besatzung. Wir bleiben auf Kurs.

Eintrag vom 20. September 508

Am frühen Nachmittag hatten wir die Sturmfront erreicht und es hagelte Blitz und Donner um uns herum. Die Wellen schaukelten sich zu einer Höhe von 6 Schritt auf und die Regentropfen scheinen fast die Planken zu durchschlagen. Ich habe die Ladung verzurren lassen und 10 Mann an die Lenzpumpen geschickt.

Eintrag vom 21. September 508

Der Sturm dauert an. Janus ist wieder Seekrank und hat eine der Seekarten ”beschmutzt“. Es ist schwer das Schiff auf Kurs zu halten, aber ich lasse mich nicht entmutigen.

Eintrag vom 22. September 508

Es stürmt immer noch und es ist keine Besserung in Sicht. Zudem ist heute Nacht die Ruderstange gebrochen. Doch bei diesem Sturm ist an eine Reparatur nicht zu denken. Wir müssen unser Leben in die Hände der Götter legen und das beste Hoffen.

Eintrag vom 23. September 508

Welch eine Tat! Magnus und Francis haben mit Hilfe einiger seiner alten Kameraden die Ruderstange behelfsmäßig repariert. Ich weiß nicht, wie sie das geschafft haben. Das wir bisher nicht gekentert sind oder von den Wellen erschlagen wurden, ist ein Wunder.

Eintrag vom 24. September 508

Der Sturm hat sich urplötzlich gelegt. Bilanz des Sturms: 6 Platzwunden, 2 verrenkte Arme, ein gebrochenes Ruder, 1 zerfetztes Focksegel, 3 Fieberfälle. Gestorben ist niemand. Während ich dies schreibe zieht dichter Nebel auf, der Wind und die See stehen vollkommen still. Ich lasse Reparaturen durchführen, versuche dabei aber die Mannschaft zu schonen. Kachelhuber, der Zimmermann, denkt, dass er in zwei bis drei Tagen das Schiff wieder auf Vordermann gebracht haben wird. Lediglich der gebrochene Besanmast wird ein Problem werden, aber wir können auch ohne ihn weiterfahren.

Eintrag vom 25. September 508

Der Nebel hält an und ist undurchsichtiger als das Gewand eines Patriarchen. Ich habe um das Schiff herum ausloten lassen. Die See scheint hier bodenlos zu sein. Dafür gibt es hier viele Strömungen. Ich habe beschlossen das 2. Beiboot zu Wasser zu lassen, um damit das Schiff in eine günstige Strömung ziehen zu lassen. Auf Frickeboths Magie ist kein Verlass.

Eintrag vom 26. September 508

Erfolg! Das Schiff bewegt sich nun wieder gen Westen, soweit ich das im Nebel beurteilen kann. Wir müssen uns am Weltenrand befinden, dort wo zwei Seiten des Weltenkubus aufeinandersto ßen. Anders kann ich mir diese Umstände nicht erklären.

Eintrag vom 27. September 508

Die Mannschaft wird unruhig, da sich der Nebel immer noch nicht lichtet. Wir treiben zwar stetig mit der Strömung, doch auch ich beginne langsam zu zweifeln. Einige der Matrosen behaupten, dass wir im Sturm untergegangen seien und nun auf dem Weg ins Jenseits segeln oder als verlorene Seelen auf immer dazu verdammt seien auf den Meeren umherzuirren.

Eintrag vom 28. September 508

Der Nebel hat sich gelichtet und sofort erfasste eine frische Brise die Segel. Ein Aufatmen ging durchs ganze Schiff. Ja, wir sind noch immer Kurs Westen. Offensichtlich befahren wir ein anderes, unbekanntes Meer, denn die Farbe des Wassers ist nun von einem schimmernden Smaragd und von unglaublicher Klarheit.

Eintrag vom 29. September 508

Durch den Sturm sind viele der Nahrungsmittel verdorben und in einige Trinkwasserfässer ist Salzwasser eingedrungen. Die Moral ist dadurch nicht besser. Jeder weiß, dass wir Mythodea finden müssen oder unsere Heimat nie wieder sehen werden. Ich werde die Rationen halbieren müssen.

Eintrag vom 30. September 508

Noch immer kein Land in Sicht. Allerdings scheint sich das Nahrungsproblem ein wenig zu erleichtern. Ulf, der Schiffsjunge, saß im Fangnetz am Bug und sang ein klassisches Seemannslied, das traurig von der zurück gelassenen Liebsten im Hafen erzählt. Nach und nach setzten die anderen Matrosen im Gesang ein und ein lautstarkes rührendes Lied durchzog das Schiff. Kurz darauf sprang ein Fisch auf Deck. Und dann noch einer und viele weitere folgten, solange bis der Gesang verstummte. So etwas hatte noch niemand zuvor erlebt. Wir können nicht weit von den Küsten Mythodeas entfernt sein, dem Land in dem Milch und Honig flie- ßen!

Eintrag vom 1. Oktober 508

Heute erlöste uns der Ausguck mit dem Ruf ”Land in Sicht!“ in der vierten Wache von allen irdischen Sorgen. Wir haben es geschafft: Land, Land, Land. Endlich haben wir es gefunden. Allen Unkenrufen zum Trotz habe ich es endlich geschafft den verlorenen Kontinent im Westen zu entdecken, ich ganz allein. Auch wenn wir bei der Annäherung nur felsige und unwirtliche Steilküste vor uns sehen, ist es dennoch das erhoffte und verheißene Land. Ich werde es Mythodea nennen, Land der Mythen und Legenden. Zur Feier des Tages lasse ich die letzten Rumreserven ausgeben. Dieser strahlende Tag wird nur durch das absonderliche Verhalten unseres Schiffszauberers Frickeboth Feyn getrübt, der schreiend aus dem Achterdeck gerannt kam, die Spitze des Hauptmastes erklomm und dort partout nicht zum Schreien aufhören wollte. Ich muss ihn herunterholen, fesseln, knebeln und unter Deck bringen lassen. Wahrscheinlich ist er durch die lange Reise nur etwas überspannt.

Eintrag vom 2. Oktober 508

Wir laufen in südlicher Richtung entlang der Küste unter leichtem Wind von achtern und machen bei ruhiger See etwa 4 Knoten. Die Küste zeigt sich im Wesentlichen steil und unwirtlich, das Fahrwasser mit einer Tiefe von mehr als 30 Faden ist ungewöhnlich tief für die Nähe zur Küste. Große Brecher machen jede Anlandung unmöglich. Die Männer sind unruhig, da sie sich seit der ersten Landsichtung auf Landgang und Frischwasser eingestellt haben. Ich lasse die Nachtwache verstärken und die Besegelung bis auf die Fock streichen. Leichter Dunst und hochfliegende Gischt erschweren mit Einbruch der Dunkelheit die Sicht auf das Land. Der Zustand des Schiffszauberers hat sich nicht wesentlich verbessert. Hoffentlich ist es keine Krankheit.

Eintrag vom 3. Oktober 508

Wir laufen weiter vor dem Wind in südlicher Richtung und folgen dem Küstenbogen nach Süd-Süd-West. Zur Mitte der zweiten Wache meldet der Ausguck landbares Ufer voraus. Im Morgengrauen nähern wir uns einem grünen und flachen Küstenstreifen und können gerade noch rechtzeitig vor gefährlichen Riffen und Sandbänken abdrehen. Als wir vor Anker gehen gelingt es der Mannschaft gerade noch den Schiffszauberer, der es irgendwie geschafft hatte Fesseln und Knebel zu lösen, davor zurückzuhalten im Wahn über Bord zu springen. Ich lasse ihn erneut knebeln und in Ketten legen. Ich befehle eine Jolle mit 6 Mann aussetzen, um die gerade mal 200 Klafter bis zur Küste zu rudern. Aber plötzlich kommen starke landabe Winde auf, der Seegang geht unerklärlich hoch und bringt das Landungsboot in den Riffen zum Kentern. Der Mannschaft gelang es gerade noch vier Mann einzuholen, bevor wir vor einer plötzlich aufziehenden Gewitterfront seewärts abdrehen mußten. Ich kann das Bild von Joachim Jansson und dem Windigen Krath, die wir an die Planken des Beibootes geklammert zurücklassen mussten, nicht vergessen, aber die Riffe und das Gewitter sind ein zu großes Risiko für weitere Bergungs- oder Landungsversuche.

Eintrag vom 4. Oktober 508

Wir laufen wieder südlich bei halber Besegelung mit etwa 2 bis 8 Knoten je nach Wind, der ohne Vorwarnung sprunghaft zu drehen scheint. Die Gewitterfront hängt uns noch immer bedrohlich im Nacken. Die Mannschaft ist angespannt und von den Ereignissen des Vortages entmutigt. Die Niedergeschlagenheit erreicht ihren Höhepunkt, als der Ausguck über den Tag immer wieder grüne Küste und vereinzelte Inseln vermeldet, wir jedoch wegen der seltsamen Winde nicht Richtung Land laufen können. Die Strömung drückt uns zusätzlich von der Küste weg. Einige der Männer wirken völlig durchnächtigt und starren leer vor sich hin. Hoffentlich haben wir vom Festland her keine Krankheiten oder üble Gase aufgeschnappt. Der Zustand Frickeboth Feyns scheint jedoch unverändert. Wäre die Mannschaft nicht so von der langen und anstrengenden Reise erschöpft, würde es sicher zu Streitigkeiten kommen. Zur Hebung der Moral lasse ich ein Fass Schwarzpfrieme ausgeben.

Eintrag vom 5. Oktober 508

Zur ersten Wache meint der Ausguck einen Feuerberg in südlicher Richtung gesichtet zu haben. Jedoch verwehren Blitze und triefende Regenwolken die nächtliche Sicht nach Westen. Wir können nur vermuten, wo sich das Land befindet und ich befehle bis zum Morgengrauen auf der Stelle zu kreuzen. In der kabbeligen See schwappt eine unerwartet hohe Welle aus dem Nichts über Deck und reißt die Wachablösung über Bord. Nur durch den beherzten Einsatz des Ersten Maates Jorn Knutson gelingt es die Männer völlig verschreckt, aber wohlbehalten, wieder aus dem Wasser zu fischen. Der Morgen präsentiert sich in strahlendem Sonnenschein, ohne ein Wölkchen am Himmel und mit völliger Windstille. Trotz Vollbesegelung machen wir kaum mehr als 100 Faden in der Stunde Fahrt. Wie zum Hohn zeigt sich die Küste bewaldet und mit Buchten, die geeignet erscheinen dort eine kleine Flotte ankern zu lassen. Ein Zwischenfall erschüttert zur Abenddämmerung um die sechste Wache die Mannschaft: Frickeboth Feyn, dieser Irre, konnte sich irgendwie aus seinen Ketten reißen, um mit dem Knebel noch im Mund über Bord zu springen. Aber anstatt unterzugehen taucht er in die See, um einem Korken gleich wieder hochzuspringen und über das Wasser auf das Land zuzulaufen. Ein überaus absonderlicher Vorgang. Insbesondere, weil ich zur Überprüfung den Schiffsjungen Ulf, von dem bekannt ist, dass er halbwegs schwimmen kann über Bord werfen lasse. Den Göttern sei Dank, löst das Gelächter, als wir ihn triefnass wie eine Wasserratte wieder aus der See ziehen, die Anspannung der Mannschaft ein wenig.

Eintrag vom 6. Oktober 508

Das ist es, ich hätte schon länger auf meine innere Stimme hören müssen. Seit wir diese fremde Küste erreicht haben werde ich im Schlaf von seltsamen immer wiederkehrenden Träumen geplagt. Und ich bin nicht der einzige, der diese Träume hat. Alle Mannschaften wurden in letzter Zeit von nächtlichen Bildern haushoher Wellen, tobenderWolkenstürme, Strömen aus Feuer oder anderer erschreckender Absonderlichkeiten gequält. Der Smutje, der aussieht, als ob er seit Tagen kein Auge zugemacht hätte, wird von diesen Bildern sogar im wachen Zustand befallen. Diese Träume erklären auch das absonderliche Verhalten unserer Seekameraden. Im Gespräch mit Magnus hat Janus die entscheidende Idee: Wir müssen den Elementen unseren Respekt erweisen, damit sie uns den Eintritt in das gelobte Land gestatten. Während die Mannschaft heimlich zu den diversen Göttern betet bereiten wir in dieser Nacht noch alles Notwendige vor.

Eintrag vom 7. Oktober 508

Welch ein Erfolg und welch Erlösung. Das Opfer an die Elemente hat wahre Wunder bewirkt. Kaum zur dritten Wache vollendet bauscht eine leichte Brise von Osten unsere Segel und führt uns stracks zur Küste. Sanfte Strömungen leiten die Westwind um einige kaum sichtbare Sandbänke, so dass wir immer mehr als 10 Faden unter dem Kiel haben. Ich weise Janus Liebenstein explizit an die Fahrrinne zu kartographieren. Vor unserem Kiel öffnet sich eine grün bewaldete Lagune mit sanft abfallendem Ufer, ideal für einen Landgang geeignet, durchgehend 6 Faden tief und ausreichend groß für einen kleinen Seehafen. Ich möchte meinen die See hätte uns gezielt an diesen Ort geführt. Ich lasse Anker werfen und wähle die treuesten meiner Gefährten aus um, diese Tapferen an meiner Seite, Mythodea in Besitz zu nehmen. Gemeinsam gehen wir an Bord der ”Gildenstolz“, unserer verbliebenen Jolle, und landen wenig später in der Westlichen Welt. Mythodea ist erobert. Unsere erste Erkundung am fremden Strand fördert zwar einen Bach mit köstlich frischem Wasser zutage, eine reiche Vegetation mit überaus merkwürdigen Früchten, aber von Tieren keine Spur. Außerdem fällt Francis auf, dass bis auf das Rauschen der Brandung und dem Säuseln des Windes im Laub keinerlei Geräusche zu vernehmen sind. Wahrlich merkwürdig. Ich befehle Holz zu sammeln und eine Feuerstätte zu errichten. Drei Mann werden ausgesandt jagdbares Wild einzutreiben und an weitere Männer geht die Order einen Fahnenmast so wie einen Unterstand zu errichten. Etwa eine halbe Wache später kehren die Mannschaften von der Jagd zurück, ohne auch nur ein Tier gesichtet zu haben. Dafür haben sie gelbliche Früchte gefunden, die der trawonischen Krummbeere nicht unähnlich sehen. Ich lasse diese unbekannten Früchte vorsorglich wegwerfen. Zu Ende der fünften Wache fällt auf, dass uns Insekten umschwirren und die Geräusche zurück gekehrt sind. Einigen Matrosen gelingt es mit Netzen Fische und Krebse in der Lagune zu fangen. Ich lasse den Smutje zur Feier des Tages ein Festmahl vorbereiten. Da weitere Erkundungstrupps bis auf wucherndes Grün keine Spuren von gefährlichen Tieren oder anderen Gefahren finden konnten erkläre ich die Landezone zum friedvollen Hoheitsgebiet. Bis auf eine Deckswache an Bord der ”Westwind“ erhalten alle Seeleute Landgang, jedoch mit dem strikten Befehl in Sichtweite zu bleiben. Als sich die Nacht über das Land senkt sehe ich ruhig und gespannt der Mannschaft beim glücklichen Tanz ums Feuer zu. Endlich haben wir bekommen, worum wir so lange gekämpft haben.

Eintrag vom 8. Oktober 508

Der Rest der vergangenen Nacht war erfüllt von Schrecken und Grauen: Geschrei, Gekreische und furchterregende Geräusche von vermuteten, aber nie gesehenen, Monstern. Der Aberglaube der Seeleute scheint keine Grenzen zu kennen. Die Bäume ächzen, Wind braust lokal durch das Geäst, daß die abergläubischsten Seeleute aufs Schiff fliehen. Zusätzlich setzt ein Lichtspektakel den Horizont in Flammen: ein gigantischer spitzer, schwarzer Fels, umzüngelt von vielfarbigen Flammen ist im Landesinneren zu sehen. Eine Patrouille soll die Erscheinung der letzten Nacht erkunden und ins Landesinnere vordringen. Magnus führt sie an.

Eintrag von 9. Oktober 508

Am frühen Morgen kommt es zu einem bedauerlichen Fund. Pierre Baptiste Dulac, der Bootsgast der ”Westwind“, hatte heimlich von den gelben Früchten gegessen. Wir werden ihn standesgemä ß an einem schönen Flecken Strand mit Blick auf die Heimat bestatten. Möge er in Frieden ruhen. Am heutigen Nachmittag wurden wir von einer Springflut überrascht, die einen Großteil unseres Lagers am Strand wegspülte. Wir haben gerettet, was zu retten war, aber ein Teil unserer Ausrüstung ist wohl für immer verloren. Ich habe beschlossen das Lager in den Wald zu verlegen und zu diesem Zweck eine Lichtung zu schlagen. Kachelhuber hat bei einem kleinen Streifzug geeignetes Baumaterial für letzte Reparaturen gefunden, darunter einen jungen Baum, der als Besanmast perfekt zu sein scheint.

Eintrag vom 10. Oktober 508

Im Morgengrauen hat Fundus Ischenbrecht während seiner Wache eine erstaunliche Entdeckung gemacht. Es gibt hier sehrwohl Tiere, denen der Mittellanden sehr ähnlich. Anscheinend sind sie nur sehr scheu. Doch heute Morgen kam ein Reh aus dem Wald sehr zutraulich auf das Lager zu. Natürlich hat er es sofort erlegt! Wer weiß, wann wir wieder eine solche Gelegenheit kriegen. Er meinte, es würde an ihm liegen, dass die Tiere sich nur ihm zeigten. Ob da etwas dran ist, wird sich zeigen. Er ist alleine in den Wald gegangen, um weitere Tiere anzulocken. Tatsächlich! Heute Abend hatten wir verschieden wohlschmeckende Tiere an einem Spieß über dem Lagerfeuer am braten. Fundus soll morgen mit einigen anderen noch mal auf Jagd gehen.

Eintrag vom 11. Oktober 508

Die Jagdgruppe von Fundus wurde im nördlichen Wald Monstren angefallen und laut Hein, dem einzigen Überlebenden, aufgefressen worden sein. Damit sind Agnus, der zahnlose John, der kleine Pit und Alfonso wohl verloren. Zudem erzählte Hein von seltsamen Markierungen im Wald, die wie ein Zaun eine unsichtbare Grenze zu markieren schienen. Ich habe Anweisung gegeben, dass niemand mehr diesen Wald betritt. Gute Neuigkeiten: Magnus ist am Mittag zurück gekehrt. Er berichtete über undurchdringlichen Wald, und daß sie seltsamer Weise immer nur im Kreise zu laufen schienen. Markierungen an Bäumen verschwanden und ständig hatten sie das Gefühl Verfolger oder Beobachter im Nacken zu haben. In der Nacht vor zwei Tagen wurde Jerek , der in den Wald zum Pinkeln ging, laut seinen verwirrten Aussagen von schattenhaften Wesen entführt und gefoltert. Erst langsam konnte er sich wieder beruhigen, aber dann an nichts mehr erinnern. Am zweiten Tag fanden sie einen Weg der sie geradewegs zu einer großen Freifläche führte. Der spitze Stein entpuppte sich als Spitze einer Pyramide, die ein kleines Stück aus dem Boden ragte. Doch drum herum fanden sie viele Edelsteine, Gold und Silber. Er hat zum Beweis einige Mitgebracht und ich staune nicht schlecht über die Reichtümer, die uns das Land nun führ unsere Mühen und Opfer schenkt. Ich werde sofort mit einen größeren Trupp zur Pyramide gehen und mir selbst ein Bild von der Lage machen.

Eintrag vom 12. Oktober 508

Heute früh bin ich mit 10 Mann zur Pyramide aufgebrochen. Ich habe den ersten Maat damit beauftragt das Schiff für die Heimkehr klarzumachen, denn wir sind knapp vor den Winterstürmen und ich möchte ungern hier überwintern müssen. Mir ist aufgefallen, dass die Mannschaft viel Zeit mit dem Pflegen ihrer Ausrüstung verbringt. Anscheinend lässt das hiesige Klima Metall schneller rosten. Kachelhuber hat den neuer Besanmast angebracht. Damit steht die ”Westwind“ wieder unter vollen Segeln. Der Weg zur Pyramide erweist sich unbeschwerlicher als erwartet. Auch Magnus kann sich das nicht erklären. Nach nur einer Stunde sind wir bei der Pyramide und tatsächlich liegen dort unschätzbare Werte um die Pyramide herum verteilt. Seltsam, sie scheinen hier abgelegt worden zu sein und das nicht erst seit gestern. Anscheinend handelt es sich hier um eine Kultstätte oder etwas dergleichen. Ist Mythodea etwa bewohnt? Nun, da niemand hier ist und ich der Entdecker dieses Landes bin, steht mir alles, was ich finde rechtmäßig zu. Außerdem scheint es hier genug Reichtümer zu geben. Ich brauchte niemandem zu sagen, dass er soviel einstecken sollte, wie er tragen kann... Wir mussten den Weg mehrmals gehen, um möglichst alles mitnehmen zu können, aber jeder ging diesen Weg mit Freuden. Vollgepackt mit unseren Funden kehrten wir am Abend zurück. Ich ließ jeden sich ein Stück aus dem Schatz aussuchen und als Vorschuß behalten. Der Rest wird anteilsgerecht bei Ankunft im Heimathafen verteilt werden. Die Mannschaft schwelgt in Träumen und den Plänen über ihren gewonnen Reichtum. Einige nutzen die Gelegenheit, um ihren Anteil beim Würfelspiel gleich wieder zu verlieren. Dabei kam es zu einer Messerstecherei wegen angeblichen Falschspiels bei der Ziehbart von Jockel abgestochen wurde. Ob schuldig oder nicht, Jockel hängt nun höher. Ich kann so etwa nicht durchgehen lassen. Glücksspiel um Geld ist ab heute verboten.

Eintrag vom 13. Oktober 508

Heute Nacht sind die Matrosen Winkelfried, Papa Joki und der einäugige Gunnar verschwunden. Ulf will gesehen haben, wie sie sich heimlich davon gestohlen haben. Sollen sie hier versauern! Die ”Westwind“ ist sprichwörtlich bis über die Bordkante mit Schätzen beladen und sticht wieder in See. Bei landaben Wind im Segel läuft die ”Westwind“ aus, als am Strand der Wassermagier Feyn auftaucht, schreit und winkt. Anscheinend kann er dieses Mal nicht über das Wasser laufen. Leider ist das Umkehren wegen des Windes nicht mehr möglich. Wir werden ihn das nächste Mal mitnehmen.

Eintrag vom 14. Oktober 508

Wir haben die Küste verlassen und ein ordentlicher Südwind treibt uns Richtung Heimat. Leider

sind von der ursprünglichen vierzigköpfigen Besatzung nur noch 21 Mann übrig. Doch mir steht nicht der Sinn nach Trauer, waren es doch tapfere und stolze Männer, die den Wagemut besaßen auf diese Reise zu gehen und mit mir Leib und Leben für dieses große Ziel zu riskieren! Ihre Opfer waren nicht umsonst, da ihre Namen für ewig in den Annalen der Geschichte stehen werden.

Eintrag vom 15. Oktober 508

Die große Nebelbank liegt voraus und wir versuchen eine günstige Strömung zu finden. Vor zwei Stunden gab es einen Zwischenfall. Der Ausguck entdeckte einen schwarzen Schatten der direkt auf das Schiff zu schwamm. Als er uns erreicht ging ein Stoß durch das Schiff und wir wurden schlagartig gestoppt. Es dauerte nicht lange bis sich der Schatten als ein pechschwarzer Riesenkrake entpuppte, der sich an Schiff und Ruder geheftet hatte. Es versuchte mit Fangarmen auf Deck zu greifen und erwischte dabei Feit und zog ihn ins Meer. Einige Tentakel konnten wir abhacken und aus ihnen lief schwarzes, stinkendes, zähflüssiges Blut. Dann bemerkten wir, dass der Krake das Schiff in Richtung Riffe steuerte. Alle Versuche das Ruder frei zu bekommen scheiterten. Wir warfen ein Pfefferfass mit Fleisch als Köder dran wird über Bord, welches der Krake sofort verschlang. Aber außer tosenden Wasserfontänen gab es keine Reaktion. Dann kam Ulf auf die Idee mit seiner Flöte ein Lied zu spielen, um so vielleicht, wie damals mit den Fischen, andere Meeresbewohner herbeizulocken. Er spielte wie von Dämonen besessen und tatsächlich kam ein großer Potwal herangeschwommen. Der Krake löste seine Umklammerung und beide Ungeheuer stürzten sich in einen unerbittlichen Kampf. Dabei rammten sie noch einmal das Schiff und Ulf ging mit samt seiner Flöte über die Reling und verschwand in der Tiefe. Dieser Verlust schmerzt nicht nur mich, sonder die ganze Mannschaft.

Eintrag vom 16. Oktober 508

Wir haben eine günstige Strömung im Nebel gefunden und sind nun endgültig auf dem Weg in die Heimat.

Eintrag vom 18. Oktober 508

Die Mannschaft bleibt in anbetracht des Nebels dieses Mal erstaunlich ruhig. Doch das Schicksal lässt uns keine Ruhe. Der Besanmast treibt auf unerklärlicher Weise Triebe aus und es bilden sich Wurzeln, Äste und Blätter. Man kann tatsächlich sagen, dass auf dem Achterdeck ein Baum wächst, und man kann ihm dabei förmlich zusehen.

Eintrag vom 19. Oktober 508

Wir treiben noch immer im Nebel und der Baum an Deck wird bald Früchte tragen. Ich hoffe es werden Kirschen sein. Ich liebe Kirschen!

Eintrag vom 20. Oktober 508

Wir haben den Nebel verlassen und erst jetzt wird das Ausmaß des Baumes uns gewahr. Die Bewaldung des Besan hat unzumutbare Ausmaße erreicht, Wurzeln stehen unter der Wasserlinie aus dem Schiff und bremsen uns. Die Mannschaft wurde angewiesen den Mast, bzw. Baum, zurückzuschneiden. Es sind sowieso keine Kirschen, also weg damit.

Eintrag vom 21. Oktober 508

Zusätzlich habe ich den Mast mit Pech einreiben lassen, um weiteren Bewuchs im Keim zu ersticken.

Eintrag vom 22. Oktober 508

Der Versuch das Wachstum des Baumes zu beenden war fruchtlos. Erneut durchstoßen Wasserwurzeln am Besan das Deck , ebenso treiben wieder Äste und Blätter aus, die drohen, die Segel zu zerreißen.

Eintrag vom 23. Oktober 508

Egal wo man etwas weghackt, es wächst an anderer Stelle nach. Mittlerweile treibt das Holz

am ganzen Schiff aus. Bald wird man das Schiff als solches nicht wiedererkennen können.

Eintrag vom 24. Oktober 508

Das Besanproblem ist immer noch nicht geklärt. Jorn meinte, wir sollten den Besan abfackeln, aber das Risiko eines Brandes an Bord gehe ich nicht ein.

Eintrag vom 25. Oktober 508

Es geht nicht anders. Ich lasse den Besanmast umhacken und über Bord werfen. Hoffentlich geht das Wachstum der verbliebenen Triebe damit zurück.

Eintrag vom 26. Oktober 508

Das ganze Schiff hat sich verzogen, aber der Bewuchs scheint aufgehört zu haben. Der Gute Nebeneffekt ist, dass die Planken des Schiffes miteinander verwachsen sind und nicht ein Tropfen Wasser eindringt. Leider haben wir an den Stellen Löcher im Rumpf an denen sich Wurzeln durch das Holz gebohrt haben. Kachelhuber hat jede Menge zu tun und jeder entbehrliche Mann steht an den Lenzpumpen.

Eintrag vom 27. Oktober 508

Ein Sturm zieht auf und ich habe die letzten Tage kaum geschlafen. Die ganze Mannschaft ist übermüdet und geschafft. Wir sind spät im Jahr und ein einziger Herbststurm kann alles vernichten, was wir erreicht haben.

Eintrag vom 28. Oktober 508

Ich habe selten so hohe Wellen gesehen, geschweige denn befahren. Zudem liegt das Schiff durch unsere Ladung ziemlich tief im Wasser und das Deck ist ständig überspült. Francis kann das Ruder alleine nicht mehr halten und der Regen ist eiskalt.

Eintrag vom 29. Oktober 508

Der Sturm hält weiter an und das Schiff hat trotz seiner unfreiwilligen Dichtung durch das Holz aus Mythodea viel Wasser aufgenommen. Wir müssen wohl oder übel Ladung über Bord schmeißen, um nicht zu sinken. Es schmerzte mich tief in meiner Brust als ich Ladung um Ladung Gold und Silber über Bord schaufeln lassen muß.

Eintrag vom 30. Oktober 508

Der Wassereinbruch ist unter Kontrolle, denn wir liegen nicht mehr so tief im Wasser. Doch der Sturm lässt nicht nach. Ich weiß nicht wie lange wir das mit dieser kleinen Mannschaft noch durchhalten. Der greise Orl ist an Erschöpfung gestorben. Er hat sich in seine Hängematte gelegt und ist, mit seinem großen Rubin an die Brust gepresst, einfach eingeschlafen. Sobald die See ruhiger geworden ist werden wir ihm dem Seemannsgrab übergeben. Als wenn einer nicht reichen würde, um den Hunger des Sturms zu stillen! Nestor wurde von einem Brecher von Bord gespült und nicht mehr gesehen.

Eintrag vom 31. Oktober 508

Bahamuth sei dank , der Sturm hat sich gelegt! Es fällt mir schwer diese Zeilen zu Papier zu bringen. Ich bin einfach zu erschöpft. Hauptsache ist wir sind auf Kurs Richtung Heimat.

Eintrag vom 1. November 508

Das Schiff sieht schlecht aus. Kachelhuber meint wir können von Glück sprechen, wenn wir das Festland erreichen. Das Topsegel ist im Sturm abgerissen, ein Spalt zieht sich den Hauptmast hinunter und einige Deckplanken sind geborsten. Alter Schwarzseher! Und wenn ich mein Schiff persönlich nach Hause rudern muß, dann tue ich das mit Vergnügen und voller Inbrunst.

Eintrag vom 2. November 508

Bei nur 2 Knoten läuft die ”Westwind“ gen Osten. Bei dieser Geschwindigkeit, meint Janus, werden wir in etwa 2Wochen unseren Heimathafen erreichen. Eintrag vom 3. November 508 Ein kühler Herbstwind umfängt das Schiff und wir gewinnen an Fahrt. Auch wenn er uns vom Kurs abbringt, so bin ich sicher, dass wir diese Briese ausnutzen müssen.

Eintrag vom 4. November 508

Mein erster Offizier hat heute einen grausigen Fund gemacht. Björn, auch genannt der Lange, wurde in der Schatzkammer tot aufgefunden. Er hatte offensichtlich versucht einige der Edelsteine zu stehlen indem er sie hinunterschluckte. Dabei hat er sich an einem zu großen Stück verschluckt und ist jämmerlich erstickt. Geschieht ihm Recht. Habgier ist eine Todsünde und bleibt selten unbestraft! Bevor wir ihn in der See bestattet haben, haben wir ihm den Bauch aufgeschnitten. Unglaublich aber wahr: Er hatte fast ein Kilo der kostbaren Steine in seinen Eingeweiden!

Eintrag vom 5. November 508

Ignatz, ein sonst stiller Bursche, begann heute lauthals kichernd ein Lied einzustimmen: Sechzehn Mann auf des Totenmanns Kiste, Jo Ho Ho und ne Buddel voll Rum... Obwohl es stimmt, dass wir nur noch 16 sind, mache ich mir um seinen Geisteszustand große Sorgen. Ich habe ihn festsetzen lassen.

Eintrag vom 6. November 508

Wir kommen gut voran und Ignatz hat sich auch wieder gefangen. Wir brauchen jeden Mann. Ich lasse unter vollen Segeln fahren, da jedes Setzen und Raffen einen unmenschlichen Kraftakt für die Mannschaft bedeutet.

Eintrag vom 7. November 508

In der Nacht ist das Großsegel aufgerissen, obwohl der Wind nicht besonders stark war. Die Flickarbeiten werden hoffentlich heute noch abgeschlossen sein.

Eintrag vom 8.November 508

Das Flicken des Segels hat länger gedauert, aber nun machen wir wieder gut Fahrt und schon bald werden wir wieder in bekannten Gefilden sein.

Eintrag vom 9.November 508

An Bord ist Fieber ausgebrochen. Tjolf, Herebald, William, Ansgar, Roderik , Frohwolt, Hein und Janus sind betroffen. Ich kann nichts tun, außer dem Smutje anzuweisen sie mit heißer Brühe zu versorgen.

Eintrag vom 10. November 508

Das Fieber hat sich ausgebreitet und auch ich fühle mich nicht mehr sehr gut. Magnus und Jerek liegen auch in ihren Kojen. Ich habe Francis das Kommando übergeben.

Eintrag vom 11. November 508

Francis berichtet mir dreimal täglich. Zum Glück verläuft alles gut.

Eintrag vom 12. November 508

Mir geht es schon besser. Auch die anderen kommen wieder zu Kräften. Ich denke, das die Strapazen der Reise Auslöser für unsere Krankheit waren.

Eintrag vom 13. November 508

Land! Wir sind fast wieder zu Hause. Vor uns liegt die Küste der Mittellande. Der Rest der Reise wird ein Kinderspiel.

Eintrag vom 14. November 508

Eigentlich wollte ich nicht in Tortuga anlanden, aber die ”Westwind“ hat beachtliche Schlagseite und die Mannschaft droht damit mich an den Mast zu nageln. Ich will es nicht Meuterei nennen, aber sie haben leider irgendwie Recht.

Eintrag vom 15. November 508

Ich lasse die ”Westwind“, die mittlerweile fast nur noch ein schwimmender Trümmerhaufen ist, schrubben und wienern, schließlich wollen wir doch einen guten Eindruck machen, wenn wir im Hafen einlaufen. Ich werde mich rasieren!

Eintrag vom 16. November 508

Liebliche Heimat, du hast uns wieder! Mit voller Beflaggung fährt mein stolzes Schiff und die tapferste Mannschaft, die ich je hatte, mit mir in den Hafen von Port Henry auf Tortuga ein. Ich hätte mir einen größeren Empfang gewünscht, aber in Anbetracht meiner Entdeckung kann kein Orden meinen Stolz noch vergrößern. Leider wird dies die letzte Fahrt mit der ”Westwind“ gewesen sein. Sie hat sich geopfert, um uns sicher nach Hause zu bringen. Lediglich der Anblick der feschen Hafenhuren, die mir lächelnd zuwinken, tröstet mich diesbezüglich ein wenig. Ich glaube, ich werde heute Abend einen kleinen Teil der Früchte meiner Arbeit in ein wenig Entspannung investieren.