ITT Abhandlung über die Verwendung des Nechathon I

Aus Mythopedia

Um die wahre Beschaffenheit des Nechathons verstehen, oder gar nutzen zu können, ist es zunächst essentiell, die Quelle dieser Kraft erahnen zu können. Da wir unwürdigen Wiedergänger allein durch IHRE Gnade ins Zweite Leben geführt wurden und wir eben jene sind, die wir sind, sind wir niemals in der Lage IHRE Heiligkeit zu schauen und zu verstehen. Das Folgende soll also den Versuch darstellen, unser aller Herrin, die Knochenkönigin, näher erahnen zu können. Ich orientiere mich hiernach an den wahren und einzigartigen Dogmen unserer allerheiligsten Ecclesiarchie.

1.

Sonitius, Presbyt im Namen IHRER Ewigen Hoheit, der Knochenkönigin, schrieb dahergehend im Jahre (Zeitangabe) Nach IHRER Offenbarung: ”Den heiligen Vätern also folgend, lehren wir all übereinstimmend, als ein und dieselbe Göttin Ihre Ewige Hoheit, die Knochenkönigin, zu bekennen. Dieselbe ist vollkommen in der Gottheit und dieselbe vollkommen als Element, zugleich wahrhaft Göttin und wahrhaft Element, in zwei Naturen unvermischt, unverwandelt, ungetrennt, ungesondert erkannt, wobei keineswegs die Verschiedenheit der Naturen um der Einung willen aufgehoben wird, sondern die Eigentümlichkeit einer jeden Natur erhalten bleibt und sich zu einer Person und einer Hypostase verbindet.“


2.

Aus dem 2. Brief des Keevan Deon, Apothecarius im Namen IHRER Ewigen Hoheit, der Knochenkönigin, aus dem Jahre ... nach IHRER Offenbarung, an Galandor, Presbyt im Namen IHRER Ewigen Hoheit, der Knochenkönigin ”Überall da, wo göttliche Überlieferung das Heilswerk der Herrin erwähnt, [...] schreibt sie Geburt und Leiden nicht der Gottheit, sondern der Menschheit zu, so dass, will man sich ganz genau ausdrücken, die Alten nicht Göttinnenschöpfer, sondern Göttinnenentdecker heißen müssen, da die Göttin in Ihrer Göttlichkeit keine Geburt und kein Leiden, ergo keine Entstehung erfahren haben kann. Es ist also zutreffend und den ecclesischen Überlieferungen angemessen, zu bekennen, der Leib sei der Tempel der Gottheit, ein Tempel der mit der Seele in einer unüberbietbaren, göttlichen Verbindung derart geeint ist, dass die Natur der Gottheit [...] sich das zu eigen macht, was dieses Tempels ist. Will aber jemand unter den Begriff der Zueignung auch die Eigentümlichkeiten des verbundenen Fleisches: Geburt, Leiden, Tod und Wiedergeburt, mit einbeziehen [...], so zeugt dies, mein Bruder, von einer durch lebendes Denken irregeleiteten [...] Sinnesart. Die sich nämlich durch den Begriff der Zueignung hierzu verleiten lassen, sind dann auch genötigt zu sagen, die Göttin habe am Stillen (ihrer Tochter) und an ihrem allmählichen Heranwachsen partizipiert, habe im Augenblick ihrer Erschaffung und Wandlung Angst gehabt und der Hilfe der Alten bedurft. Ganz zu schweigen von der Körpererhaltung, Darstellung (im Tempel), Schweiß und Hunger, was alles, als dem Fleisch um unsertwillen widerfahren, gewiss anbetungswürdig ist; es aber IHRER Gottheit zuzuschreiben, wäre eine Lüge und zöge uns mit Recht die Anklage auf Verleumdung zu [...].“


3.

Aus dem 4. Brief des Heiligen St. Barnabas, aus dem Jahre (Zeitangabe) nach IHRER Offenbarung, an Keevan Deon, Apothecarius im Namen IHRER Ewigen Hoheit, der Knochenkönigin ”[...] Und das ist die einzige und alleinige Weise unsere Göttin zu erkennen, denn die Lehren der Lebenden sind weit von IHR gewichen, auf dass die Wahrheit ob IHRER Herrlichkeit in den Nimbus absoluter Spekulationen ob IHRES göttlichen Seins sich eingeschlichen haben und darum kann die Seele in direkter Ansicht zu der Größe IHRER Weisheit , Majestät und Macht nicht bestehen. Mit diesem Studiume bin ich in großem Elend und Gefahr umgegangen, und andre viel. Darum mahne ich aber- und abermal: Wer da will heilsam über die Herrin denken oder spekulieren, der setze alles andre hintan, um die Güte IHREN wahren Dienern gegenüber zu erlangen. Die Güte aber stelle er sich vor, wie sie sich erhebet oder wie sie leidet, bis ihm, Diese süße werde. Dann bleibe er da nicht stehen, sondern dringe hindurch und denke: Nicht aus meinem Willen, sondern aus dem der Herrin, unserer Knochenkönigin hab ich das und das getan. Da wird der allerlieblichste Wille der Herrin anfangen, ihm zu gefallen, den sie in IHRER unermesslichen Güte demonstrieret. Dennoch, der Glaube allein könnte uns nicht ewiges Leben gewähren, destoweniger Taten, denn nur Sie Selbst ist ewige und wahre Göttin und durch IHR SEIN erweist sie uns Gunst...“


4.

Auszug aus den Erkenntnisschriften des 27. Großen Konventes ex catedra beschlossen und verkündigt ”Die paradoxe Leidenschaft des Verstandes stößt sich so denn beständig an diesem Unbekannten, das wohl da ist, aber auch unbekannt, und insofern nicht da ist. Weiter kommt der Verstand nicht, doch kann er es in seiner Paradoxie nicht lassen, herzu zu kommen und sich damit zu beschäftigen. Aber daraus scheint etwas andres zu folgen: dass nämlich der Glaubende, falls er in Wahrheit etwas über das Unbekannte (die Herrin) zu wissen bekommen soll, zuerst zu wissen bekommen muss, dass es verschieden von ihm ist, schlechthin verschieden von ihm. Aus sich selbst kann der Verstand dies nicht zu wissen bekommen [...]; denn ist die Göttlichkeit schlechthin verschieden vom Menschen, so ist der Mensch schlechthin verschieden von der Göttlichkeit, aber wie sollte der Verstand dies fassen? Hier scheinen wir vor einem Paradox zu stehen. Um auch nur zu wissen zu bekommen, dass die Göttin das Verschiedene ist, braucht der Mensch die Göttin und bekommt nun zu wissen, dass die Göttin schlechthin verschieden ist von ihm. Aber soll die Göttin schlechthin verschieden sein vom Menschen, so kann das seinen Grund nicht in dem haben, was der Mensch der Göttin verdankt (denn insofern ist er ja mit ihr verwandt), sondern in dem was er sich selbst verdankt oder was er selbst verschuldet hat. Welches ist nun der Unterschied? Ja, was anders als die Sünde [...]. So wird das Paradox noch furchtbarer, oder ebendasselbe Paradox hat die Doppelheit an sich, durch die es sich als das absolute erweist, negativ dadurch, dass es die absolute Verschiedenheit der Sünde an den Tag bringt, positiv dadurch, dass es diese absolute Verschiedenheit in der absoluten Gleichheit aufheben will [...]. Insofern hat denn der Verstand viel gegen es einzuwenden, und doch, auf der anderen Seite will ja der Verstand in seiner paradoxen Leidenschaft seinen eignen Untergang. Aber dieser Untergang des Verstandes ist ja das, was auch das Paradox will, und so sind sie ja doch im Verständnis miteinander; aber dies Verständnis ist nur vorhanden im Augenblick der Leidenschaft.“


5.

Aus ”Irrglaube der Lebenden; eine Abhandlung über das Sein und das Nicht-Sein“ von Athep Knochenhand, Equilibrius im Namen IHRER Ewigen Hoheit ”Jenes Geschichtliche, welches ganz allein für den Glauben Gegenstand werden kann, und welches der eine dem andern nicht mitteilen kann, d.h.: welches der eine dem andern zwar mitteilen kann, aber, wohl zu merken, nicht dergestalt dass der andre es glaubt, indessen er, wenn er es in der Gestalt des Glaubens mitteilt, eben das Seine tut um den andern daran zu hindern, dass er es unmittelbar hinnehme. Wie bekannt ist nämlich das Untote Fleisch die einzige geschichtliche Erscheinung, welche dem Geschichtlichen zum Trotz, ja eben vermöge des Geschichtlichen, dem Einzelnen für sein ewiges Bewußtsein hat Ausgangspunkt sein wollen, ihn anders als bloß geschichtlich interessieren wollen, ihm seine Seligkeit hat gründen wollen auf sein Verhältnis zu etwas Geschichtlichem. Keiner Philosophie (denn sie ist nur für den Gedanken), keiner Mythologie (denn sie ist nur die Einbildungskraft), keinem geschichtlichen Wissen (welches für das Gedächtnis ist) ist dieser Einfall gekommen! [...] Die Göttlichkeit in der Zeit.“ Wir erkennen also, dass Unsere Ewige Herrin, in all IHRER heiligen Güte, uns IHR Wirken in dreierlei erkennbar macht, will sagen eröffnet hat. Denn IHRER sind unendlich viele Wege und unser Verstand vermag zu wenig, diese zu erfassen. Wir stellen also fest, das schöpferische, ergo das wirklichkeitsbegründende Wirken, das offenbarende, ergo das wahrheitserschließende Wirken und das erleuchtende, ergo gewissheitsschaffende Wirken. Ad conclusio sei an dieser Stelle dem Forschenden ans Herz geleget, sich gar ausführlich mit den oben angeführten Weisheiten auseinander zu setzen, sie zu verinnerlichen und auf die Wirkensweisen Unserer Ewigen Herrin zu übertragen, auf dass er es nachvollziehe und für gut und richtig befinde. Denn es ist IHRE heilige Kirche und es sind IHRE wahren und einzigen Dogmen, die uns unwerten Wiedergängern gewährt wurden.

Corpus Mortum

Animus Immortalis

In mortum vita est