An seine Exzellenz den Archon der Dornen und ihre Hochheiten des Rates der Dornen
Eure Exzellenz, werte Hoheiten,
möge mir verziehen sein, die Unsauberheit von Schrift und Bericht, die nun vielleicht sind das letzte Zeugnis meines Schaffens, meiner Berufung als Suchernder und Bewahrender von Wissen und Erkenntnis. Doch wenn nicht Ihr, wem sonst darf gelten meine Aufmerksamkeit in diesen Stunden der Unsicherheit und Angst. Auf geliehenem Papier, mit geliehener Tinte - dem jungen Pa'Jolan hier sei Dank. Einer unter wenigen, welche die Gräuel der letzten Stunden überlebt haben. Wir sind nicht mehr viele.
Bei den Quihen Assil, alle anderen sind tot. Alle Einheiten des Kontinents, die hier stationiert waren das Spiegelportal zu bewachen. Aus den Siegeln und aus den Völkern. Überrannt von den Truppen der Urzweifler. Wochenlang war es ruhig, fast langweilig, so beschrieb es einer der Soldaten gestern abend noch beim Würfeln. Dann plötzlich waren wir heute umzingelt. Schreie, Röcheln, Stöhnen und Blut. Überall Blut und Tod. Ich konnte nichts mehr greifen. Ich kann nur berichten, was passierte, was auf diesen Zettel passt und hoffen, dass irgendjemand meine anderen Unterlagen finden, sofern sie nicht verloren sind.
Sie müssen durch das Greifenprotal gekommen sein. Ich konnte mich in die Weltenschmiede retten, ebenso wie einige andere. Auch die Stimme des Weltenrates, diese blonde Lho'Siniya. Sie war hier seit einigen Tagen. Und alle Streiter, die sich hier nach und nach zurückziehen konnten. Dieser Bereich lässt sich gut verteidigen und halten. Nichtsdestotrotz waren wir eingekesselt. Bedrängt vom Feind. Ich hörte eine klare Frauenstimme beten, zum Weltenrat. Es war diese blonde Frau, die anosnsten so schüchtern und unscheinbar auf mich gewirkt hatte. Inbrünstig muss man ihr Gebet beschreiben. Dann bebte plötzlich die Erde und Stürme fegten um die Weltenschmiede, als ob die Quihen Assil selbst auf die Erde hinabgestiegen wären. Ich bin ein Mann des Wissens, weniger des Glaubens, doch in diesem Moment fiel ich auf die Knie und betete ebenfalls. Mit mehr Hingabe als ich es jemals im Goldenen Wagen getan habe.
Die restlichen unserer Kämpfer und alle, die noch in der Lage waren, eine Waffe zu halten, machten einen Ausfall. Den Segen der Elemente auf ihrer Seite und in ihren Herzen, es war unverkennbar. Und sie schlugen die Truppen zurück. Doch zu welchen Preis und mit welcher Aussicht. Die ehrenwerte Lho'Siniya tröstet hier und da und doch spricht sie auch davon, dass dies noch nicht das Ende, nicht der Sieg war, Jetzt sind wir nur noch ein paar Dutzend. Und andere hier sagen, dass das Greifenportal zerstört ist. Wir können weder fliehen, noch Hilfe erwarten. Wir sind ganz alleine. In einem Meer aus Leichen und Blut, sitzen wir hier – an der Weltenschmiede – auf einer Insel, die so von den Kral Urien beseelt ist, wie wohl kein andrer Ort. Dies ist der einzige Trost. An keinem anderen Ort würde ich lieber gefangen sein. Oder sterben.
Ich komme nicht zur Ruhe, die ganze Zeit schlägt mir das Herz bis unter das Kinn. Denn irgendwas haben die Streiter der Ratio wohl am Portal gemacht, so berichtet man hier. Immer wieder horche ich nun hinaus in die finstre Nacht. Ob ich etwas höre. Doch es ist beängstigend. Wir wissen nicht, was uns nun erwartet. Ich habe berichtet, was bisher geschah. Vielleicht können wir morgen uns weiter hinauswagen und in Erfahrung bringen, was passiert ist und dies ebenfalls aufschreiben. Wenn wir mehr Papier finden. Vielleicht in der Bibliothek. Bis dahin, bleibt uns nur das Warten.
Und jetzt, auf den letzten Zeilen auf denen noch Platz ist, muss ich doch noch eines Bedauern nie getan zu haben. Ich habe es ihr nie gesagt, nie gezeigt. Sie nur aus der Ferne bewundert. Nie sah ich lieblicheren Reiz, nie wahrerere und tiefere Schönheit in Geist und Antlitz wie in der Gestalt des Fräuleins von Güldenbach. Ich hätte ihr meine Aufwartung machen sollen. Ich verzeihe mir dieses Versäumnis nicht. Vielleicht komme ich nie wieder von dieser Insel herunter. Alles andere erscheint nichtig in der Gegenwart der Kräfte dieses Ortes. Nur das der Sehnsucht drückt sich nun noch nach oben.
Mögen die Herren der Tiefen über sie wachen, diesen Geist und diese Anmut.
Mögen die Quihen Assil das Reich beschützen und jeden seiner Einwohner.
In tiefster Ehrerbietung für Euch, Eure Exzellenz und Eure Hoheiten,
der ergebenste Diener des Reiches
Edelbert Emmerus, Schreiber und Wissenssuchender im Namen des Hofes der Dornen